Mythen und Legenden um die Autobahn, Rasthof und Teufelstalbrücke.

 
Behauptung - der Bau der Reichsautobahnen diente der Kriegsvorbereitung.

Anfangs spielten bei den nationalsozialistischen Ausbauplanungen auch strategische Gründe eine Rolle. Insbesondere wurde die Möglichkeit von schnellen Truppentransporten in Betracht gezogen. Die zuständigen militärischen Stellen erkannten jedoch bald, dass die Autobahnen für die Verlegung größerer Formationen nicht geeignet waren. Die Fahrbahndecke der meisten Streckenabschnitte war für Schwertransporte zu dünn und der Unterbau zu locker. Die Bauausführung richtete sich am Verkehr mit PKW und den damals verbreiteten, ziemlich leichten Lastkraftwagen aus. Nur wenige Abschnitte waren für eine Befahrung mit schwerem militärischem Gerät ausgelegt. Ebenso war die zugehörige Infrastruktur für Truppentransporte nicht ausreichend. Die Streckenplanung selbst war nicht an möglichen Zielen einer Front orientiert, sondern verband vor allem Wirtschaftszentren und Reisegebiete. Das Militär setzte weiterhin auf die Eisenbahn. Mit Kriegsbeginn wurden die Baumaßnahmen schrittweise eingestellt. Bei einer militärischen Zielsetzung hätte der Bau intensiviert werden müssen.

 
Behauptung - Autobahnen diente dem Abbau der Arbeitslosigkeit.

Die nationalsozialistische Propaganda stellte den Autobahnbau als eine wichtige Maßnahme zur versprochenen Beseitigung der Arbeitslosigkeit - man sprach bereits damals von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen - dar. Nach heutigen Erkenntnissen wirkte sich das Bauprogramm auf die Arbeitslosigkeit jedoch nur unbedeutend aus. Die Ausgaben für das Autobahnprogramm hatten einen viel zu kleinen Anteil an den gesamtwirtschaftlichen Investitionen (im Jahr 1935 etwa 4%), um hier nennenswert ins Gewicht zu fallen.

In der aktivsten Bauphase waren höchstens 60.000 Menschen direkt mit dem Bau der Autobahnen beschäftigt und etwa die gleiche Anzahl in Zulieferbetrieben. Der Rückgang der Arbeitslosigkeit in den ersten Jahren der Hitler Diktatur vollzog sich vielmehr im Zuge einer allgemeinen weltwirtschaftlichen Erholung.
Beispiel: An den Betonarbeiten der beiden Brückenbögen der Teufelstalbrücke waren nach Unterlagen der bauausführenden Firma Grün & Bilfinger direkt (ohne Zubringer und Hilfsdienste) lediglich 18 Personen im Einsatz. Straffe Organisation und für damalige Verhältnisse gute Mechanisierung ermöglichten dies.

 

Behauptung - der Rasthof sollte in der Form eines Hakenkreuzes errichtet werden.

Diese Behauptung ist falsch. Bewiesen wird dies durch vorliegende Baupläne, die Grafik des Architekturbüros über den geplanten Bau der Raststätte und letztlich durch jetzt freigegebene Luftbildaufnahmen aus amerikanischen Archiven. Darauf ist der Rasthof am 10.04.1945 - also ein Tag nach den Luftangriffen auf Hermsdorf - zu sehen. Mit Beginn des 2. Weltkrieges wurde der Weiterbau des Rasthofes gestoppt. Auf den Luftbildern sind die damals bereits vorhandenen Fundamente für den gesamten Bau zu erkennen. Der Rasthof sollte einer der größten und modernsten in Deutschland werden, mit Schwimmbad, Tennisanlage und anderes. Nicht ganz 1/3 der geplanten Größe wurden errichtet. Der zweite Teil wäre ein spiegelverkehrter Bau auf der gegenüber dem errichteten Haus geworden. Letztlich sollte sich ein noch größerer geschlossener Bau mit Innenhof an beide anschließen.

Rasthof
Luftbildaufnahme vom 10.04.1945, deutlich sind die vorhandenen Fundamente für den nicht fertiggestellten Teil des Rasthofes erkennbar - siehe unten.
Für Erklärungen Maus auf Bild halten.
Gelb bei Rasthof = fertige Fundamente
Rot bei Rasthof = 1938 fertig gestellter Teil
Hellblau = Baracken
Orange = Lage eines Bunkers.
 
Rasthof
Links Auszug aus der Luftbildaufnahme vom 10.04.1945, deutlich sind die vorhandenen Fundamente für den nicht fertiggestellten Teil des Rasthofes erkennbar.
1958 nutze die HO für einen Erweiterungsbau (blau) die alten Pläne. Dort sind die Grundmauern (rot nachgezeichnet)
erkennbar. Der erbaute Teil, so wie er sich mit der Eröffnung darstellte, ist schwarz.
 
Behauptung - Hitler soll auf seinen Fahrten nach Bayern im Rasthof übernachtet haben.

Tatsache ist, dass es im Rasthof ein Zimmer als sogenanntes „Hitler - Zimmer“ hergerichtet wurde. Das war damals in jedem besseren Hotel der Fall. Besagtes Zimmer war prunkvoller als alle anderen Hotelzimmer eingerichtet, z. B. keine Wandschränke, sondern schwere Eichen- und Polstermöbel und eine besondere Ausstattung. Tatsache ist aber auch, dass Adolf Hitler nie auch nur einen Schritt in den Rasthof tat. Die Strecke zwischen Berlin und München wäre auch viel zu kurz, um hier bereits zu übernachten.
Belegt ist dagegen, dass Albert Speer, als Nachfolger von Dr. Ing. Fritz Todt, im Rasthof einen Sitz hatte. Der Organisation Todt war der Reichsarbeitsdienst unterstellt, der beim Bau militärischer Anlagen, teilweise auch der Reichsautobahn beteiligt war. Es gibt für den Bereich im Holzland keine Hinweise, dass der Reichsarbeitsdienst hier an Projekten der Autobahn beteiligt war. Belegt ist auch, dass Speer im Rasthof Martin Bormann empfing, wie eine damals im Rasthof tätige Zeitzeugin berichtete. Die Organisation Todt (der Name blieb auch nach dem Tod von Todt bestehen) unterhielt im Rasthof auch eine Großdruckerei. Die Druckerei Richter Stadtroda erhielt damals Kopien der Druckplatten für den Fall, dass die Druckerei im Rasthof zerstört würde. Dann sollte in Stadtroda weiter gedruckt werden. Dazu kam es aber nicht. Die Druckerei stellte u. a. eine Frontzeitung für Frankreich her. Um den Rasthof herum standen einige Baracken, die als Lager der Wehrmacht und der Organisation Todt dienten. Bei der Erstellung dieser Chronik wurde von einem Zeitzeugen berichtet, dass in den Baracken und Außenlagern zum Beispiel derart viel Druckpapier lagerte, das der Plünderung nicht zum Opfer fiel. Es wurde später durch staatliche Stellen aufgeteilt. Die ehemalige Großhandelsgesellschaft (GHG) Haushaltwaren soll nach Zeugenaussagen noch bis zur Wende dieses Papier benutzt haben.

 
Behauptung - der Architekt der Teufelstalbrücke hat sich von der Brücke gestürzt.

Diese Behauptung wird vielen Brückenbauwerken in der ganzen Welt angedichtet. Sie gehört ins Reich der Märchen. Der Architekt Paul Bonatz hat noch viele weitere Bauwerke errichtet. Er verstarb 1956. Am Bau der Brücken waren zudem nicht nur der Architekt, sondern weitere Ingenieure und Statiker beteiligt. Der leitende Statiker für die Teufelstalbrücke wohnte in Bürgel.
Es ist bekannt, dass es bei dem Bau der Reichsautobahn auch Todesopfer zu beklagen gab. Konkrete Angaben für unseren Bereich gibt es aber nicht.

Auf der Teufelstalbrücke gaben es nach deren Fertigstellung und später leider auch einige schwere Unfälle. Die dort heute bestehende Geschwindigkeitsbegrenzung soll solche Unfälle verhindern, da durch das Teufelstal teilweise starke Luftströmungen ziehen.


Wiederholt wurde die Brücke auch von Personen benutzt, um aus dem Leben zu scheiden. Ende der 1970er Jahre gab es einen recht spektakulären Fall. Die gesamte Führung des Volkspolizei Kreisamtes befand sich auf der Fahrt Richtung Hermsdorfer Kreuz. Mitten auf der Brücke standen ein PKW „P 70“ und davor ein Mann. Der Leiter VPKA gab pflichtbewusst den Befehl zu stoppen, um den Mann zu fragen, was los sei. Statt einer Antwort mussten die geschockten Polizisten zusehen, wie der Mann auf das Geländer stieg und sich in das Tal stürzte. Er verstarb auf der Fahrt in die Uniklinik Jena. Eine Großaktion löste dieser Fall deshalb aus, weil am beschädigten Fahrzeug Haare sichergestellt wurden. Es stellte sich dann schnell heraus, dass es die Haare eines Hundes waren. Der Mann, Insasse einer geschlossenen Krankeneinrichtung, holte aus seinem Heimatort den PKW. Er wollte ein letztes Mal Auto fahren. Im Ort überfuhr er den Hund, fuhr weiter auf die Brücke, um sich dort das Leben zu nehmen.

Etwa zur gleichen Zeit gab es an der Tautendorfer Brücke einen tödlichen Arbeitsunfall. Ein Kollege hatte einen rückwärts herankommenden LKW missachtet und wurde überrollt. Ihm wurde an der Unfallstelle ein Kreuz mit Gedenkinschrift errichtet. Nachdem der Stein wiederholt durch staatliche Stellen entfernt, aber immer wieder neu errichtet wurde, pflanzte man dann darum Strauchwerk.  

 
Tatsache - die Reichsautobahn wurde in die Gestaltung des gesamten Lebens einbezogen.

Am 02.05.1936 erfolgte die Grundsteinlegung des ersten K.d.F. - Seebades Prora auf Rügen. Die Autobahnen spielten für die Organisation der K.d.F.- Fahrten und deren Durchführungen eine zentrale Rolle. Ebenso für private Urlaubsfahrten. Die Autobahnen wurden bewusst in das System einbezogen. Direkt an den Autobahnen entstanden, teils aus Kiesgruben für den Autobahnbau, Strandbäder.

Die nationalsozialistische Gemeinschaft „Kraft durch Freude“ (K.d.F.) war eine politische Organisation mit der Aufgabe, die Freizeit der deutschen Bevölkerung zu gestalten, zu überwachen und gleichzuschalten. Die Organisation bestand von 1933 bis 1945, wobei die meisten Operationen mit Beginn des 2. Weltkrieges 1939 eingestellt wurden. Kraft durch Freude war eine Unterorganisation der Deutschen Arbeitsfront (DAF). Mit dem Amt für Reisen, Wandern und Urlaub, das Land- und Seereisen veranstaltete, war K.d.F. zugleich der größte Reiseveranstalter im Dritten Reich.

 
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