Mythen und Legenden um die Autobahn und ihre Nebenanlagen

 
Immer wieder ranken sich um die Autobahn, die Teufelstalbrücke und den Rasthof Mythen und Legenden, die jeglicher Grundlage entbehren und in das Reich der Phantasien und Märchen gehören.
Dies ist noch bis heute der Fall und wir konnten es wieder zur Ausstellung (von Ende 2008 bis Februar 2009) erfahren. Mit einigen diesen wollen wir aufräumen.
 

Behauptung - der Bau der Reichsautobahnen diente der Kriegsvorbereitung.

Anfangs spielten bei den nationalsozialistischen Ausbauplanungen auch strategische Gründe eine Rolle. Insbesondere wurde die Möglichkeit von schnellen Truppentransporten in Betracht gezogen.
Die zuständigen militärischen Stellen erkannten jedoch bald, dass die Autobahnen für die Verlegung größerer Formationen nicht geeignet waren. Die Fahrbahndecke der meisten Streckenabschnitte war für Schwertransporte zu dünn und der Unterbau zu locker. Die Bauausführung richtete sich am Verkehr mit PKW und den damals verbreiteten, ziemlich leichten Lastkraftwagen aus. Nur wenige Abschnitte waren für eine Befahrung mit schwerem militärischem Gerät ausgelegt. Ebenso war die zugehörige Infrastruktur für Truppentransporte nicht ausreichend. Die Streckenplanung selbst war nicht an möglichen Zielen einer Front orientiert, sondern verband vor allem Wirtschaftszentren und Reisegebiete. Das Militär setzte weiterhin auf die Eisenbahn.
Mit Kriegsbeginn wurden die Baumaßnahmen eingestellt. Bei einer militärischen Zielsetzung hätte der Bau intensiviert werden müssen.

 

Behauptung - Autobahnen diente dem Abbau der Arbeitslosigkeit.

Die nationalsozialistische Propaganda stellte den Autobahnbau als eine wichtige Maßnahme zur versprochenen Beseitigung der Arbeitslosigkeit - man sprach bereits damals von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen - dar. Nach heutigen Erkenntnissen wirkte sich das Bauprogramm auf die Arbeitslosigkeit jedoch nur unbedeutend aus. Die Ausgaben für das Autobahnprogramm hatten einen viel zu kleinen Anteil an den gesamtwirtschaftlichen Investitionen (im Jahr 1935 etwa 4%), um hier nennenswert ins Gewicht zu fallen.
In der aktivsten Bauphase waren höchstens 60.000 Menschen direkt mit dem Bau der Autobahnen beschäftigt und etwa die gleiche Anzahl in Zulieferbetrieben. Der Rückgang der Arbeitslosigkeit in den ersten Jahren der Hitler Diktatur vollzog sich vielmehr im Zuge einer allgemeinen weltwirtschaftlichen Erholung.
Beispiel: An den Betonarbeiten der beiden Brückenbögen der Teufelstalbrücke waren nach Unterlagen der Bau -  Firma Grün & Bilfinger direkt (ohne Zubringer und Hilfsdienste) lediglich 17 Personen im Einsatz. Straffe Organisation und für damalige Verhältnisse gute Mechanisierung ermöglichten dies.

 

Behauptung - der Rasthof sollte in der Form eines Hakenkreuzes errichtet werden.

Diese Behauptung ist falsch. Bewiesen wird dies durch vorliegende Baupläne, die Grafik des Architekturbüros über den geplanten Bau der Raststätte und letztlich durch jetzt freigegebene Luftbildaufnahmen aus amerikanischen Archiven. Darauf ist der Rasthof am 10.04.1945 - also ein Tag nach den Luftangriffen auf Hermsdorf - zu sehen. Mit Beginn des 2. Weltkrieges wurde der Weiterbau des Rasthofes gestoppt. Auf den Luftbildern sind die damals bereits vorhandenen Fundamente für den gesamten Bau zu erkennen. Der Rasthof sollte einer der größten und modernsten in Deutschland werden, mit Schwimmbad, Tennisanlage und anderes. Nicht ganz 1/3 der geplanten Größe wurden errichtet. Der zweite Teil wäre ein spiegelverkehrter Bau auf der gegenüber dem errichteten Haus geworden. Letztlich sollte sich ein noch größerer geschlossener Bau mit Innenhof an beide anschließen.

 

Luftbild vom 10.04.1945
Links Auszug aus der Luftbildaufnahme vom 10.04.1945, deutlich sind die vorhandenen Fundamente für den nicht fertig gestellten Teil des Rasthofes erkennbar.
1958 nutze die HO für einen Erweiterungsbau (blau) die alten Pläne.
Dort sind die Grundmauern (rot nachgezeichnet) erkennbar. Der erbaute Teil, so wie er sich mit der Eröffnung darstellte, ist schwarz.

 
Die Form des geplanten Bauwerkes hat absolut nichts mit einem Hakenkreuz zu tun. Das belegen eindeutig obige Luftaufnahme und Bauplan (Auszüge) sowie die Entwurfsskizze des Architektenbüros unten.
 
Entwurfsskizze des Architektenbüros
Entwurfsskizze des Architektenbüros.

1 Teil des Rasthofes, der am 05.11.1938 in Betrieb genommen wurde (grüne Linie), die rote Linie zeigt den etwaigen Standort des Bunkers der Organisation Todt.
2 Tankstelle Ostseite, mit Rasthoferöffnung fertig.
3 Tankstelle Westseite, 1939 fertig gestellt. Diese wurde am 09.04.1945 durch Tiefflieger in Brand geschossen.
4 Nicht fertig gestellte Teile des geplanten Rasthofes.
5 Straßenmeisterei, entgegen des Planes dann an der Abfahrt Süd gebaut.

 
Baubeginn für den Rasthof „Hermsdorfer Kreuz“ war 1936 . Geplant war, dass es der größte Autobahnrasthof Deutschlands werden sollte. Mit Ausbruch des 2. Weltkrieges war er etwa zu 20 % fertig und wurde nicht mehr weitergebaut.
Hermsdorf war zu dieser Zeit ein kleines Dorf. Überlegungen, warum gerade der Rasthof Hermsdorf der größte in Deutschland werden sollte müssen von den Grenzen des Deutschen Reiches zum Bau gesehen werden. Zu dieser Zeit lag er im Zentrum der Streckenführung.
Freigabe der Reichsautobahn Nr. 13, 15, 16 und 27 Berlin - München, heute A 9. Mit Vollendung der 42 km langen Teilstrecke Bratzhof - München an diesen Tag war die Reichsautobahn München - Berlin fertig gestellt.
Dieses Ereignis wurde am gleichen Tag zum Anlass genommen, den bis dahin fertig gestellten Rasthofkomplex in Hermsdorf seiner Bestimmung zu übergeben. Die Tankstelle an der Richtungsfahrbahn Berlin - München wurde im Jahr 1939 noch fertig gestellt. Der Rasthof hatte bis zur Eröffnung etwa ein Drittel der geplanten Größe erreicht. Zur Raststätte gehörten das Haupthaus mit Gaststätte und Hotel, der Parkplatz vor der Raststätte und die beiden Tankstellen. Wie bei fast allen Projekten der Reichsautobahn, wurden mit Ausbruch des Krieges die Baumaßnahmen an der Raststätte „Hermsdorfer Kreuz“ eingestellt. Der Innenausbau des eröffneten Teiles war zu 80 % fertig, die Ausstattung gehörte damals zur gehobenen Klasse. Nur wenige begonnene Autobahnobjekte wurden fertig gestellt. Es erfolgten weiter nur noch Innenbauarbeiten und die Fertigstellung der Tankstelle auf der Rasthofseite. Der Betrieb erfolgte als Raststätte nur beschränkt. Gleichzeitig hatte die Wehrmacht hier ein Versorgungsdepot eingerichtet. Die Organisation Todt, die ebenfalls auf dem Rasthof einen Sitz hatte, bekam ein anderes Aufgabengebiet und war jetzt verantwortlich für den Ausbau von militärischen Verteidigungsanlagen.
Der Berliner Architekt Friedrich Tamms hatte den Entwurf für die Raststätte Hermsdorf erstellt. Beim Bau griff er bewusst auf einheimische Rohstoffe, wie zum Beispiel Muschelkalk für die Fenstereinfassungen und Säulen am Eingangsbereich und im Haus zurück. Obwohl im Stil der so genannten Naziarchitektur errichtet, kann beim Rasthof Hermsdorf nicht von einem Monumentalbau gesprochen werden. In die Bauten dieser Zeit reiht er sich eher als schlicht ein.
Schöne Details im Parterre und im Saal sind die Säulenkapitelle. Im Restaurant sind es Vogelmotive, die von Pflanzen umrankt sind. Vier mächtige Säulen tragen die Decke des Saales in der ersten Etage. Jedes der vier Kapitelle ist mit der Darstellung eines Tieres verziert. Die Bedeutung dieser Tierdarstellungen ist umstritten. So soll der Fuchs für Schlauheit, das Eichhörnchen für Schnelligkeit stehen. Neben den Säulen sind auch die Leuchter und Wandlampen im Saal im Original erhalten geblieben, bzw. konnten nach den Plünderungen wieder beschafft werden. An den beiden Giebelseiten des Saales werden die Hauptdeckenbalken durch je eine Stütze getragen. In Richtung Osten ziert die Stütze das alte Hermsdorfer Siegel mit Nonnen und Räubern, auf der Westseite das Jenaer Wappen.
 

Behauptung - Hitler soll auf seinen Fahrten nach Bayern im Rasthof übernachtet haben.

Tatsache ist, dass es im Rasthof ein Zimmer als so genanntes „Hitler - Zimmer“ hergerichtet wurde. Das war damals in jedem besseren Hotel der Fall. Besagtes Zimmer war prunkvoller als alle anderen Hotelzimmer eingerichtet, z. B. keine Wandschränke, sondern schwere Eichen- und Polstermöbel und eine besondere Ausstattung. Tatsache ist aber auch, dass Adolf Hitler nie auch nur einen Schritt in den Rasthof tat. Die Strecke zwischen Berlin und München wäre auch viel zu kurz, um hier bereits zu übernachten.
Belegt ist dagegen, dass Albert Speer, als Nachfolger von Dr. Ing. Fritz Todt, im Rasthof einen Sitz hatte. Der Organisation Todt war der Reichsarbeitsdienst unterstellt, der beim Bau militärischer Anlagen, teilweise auch der Reichsautobahn beteiligt war. Es gibt für den Bereich im Holzland keine Hinweise, dass der Reichsarbeitsdienst hier an Projekten der Autobahn beteiligt war. Belegt ist auch, dass Speer im Rasthof Martin Bormann empfing, wie eine damals im Rasthof tätige Zeitzeugin berichtete. Die Organisation Todt (der Name blieb auch nach dem Tod von Todt bestehen) unterhielt im Rasthof auch eine Großdruckerei. Die Druckerei Richter Stadtroda erhielt damals Kopien der Druckplatten für den Fall, dass die Druckerei im Rasthof zerstört würde. Dann sollte in Stadtroda weiter gedruckt werden. Dazu kam es aber nicht. Die Druckerei stellte u. a. eine Frontzeitung für Frankreich her. Um den Rasthof herum standen einige Baracken, die als Lager der Wehrmacht und der Organisation Todt dienten. Bei der Erstellung dieser Chronik wurde von einem Zeitzeugen berichtet, dass in den Baracken und Außenlagern zum Beispiel derart viel Druckpapier lagerte, das der Plünderung nicht zum Opfer fiel. Es wurde später durch staatliche Stellen aufgeteilt. Die ehemalige Großhandelgesellschaft (GHG) Haushaltwaren soll nach Zeugenaussagen noch bis zur Wende dieses Papier benutzt haben.
Eine Beteiligung vom Reichsarbeitsdienst am Bau der Autobahn im näheren Bereich ist für die Strecke zwischen Jena und dem Leutratal belegt. Dort wurde eine große Anzahl Arbeitsdienstler eingesetzt, die vor den Aufschlussarbeiten der Strecke alle dort zahlreich vorhandenen Orchideen ausgraben und entfernt wieder einpflanzten.

 

Behauptung - der Architekt der Teufelstalbrücke hat sich von der Brücke gestürzt.

Diese Behauptung wird vielen Brückenbauwerken in der ganzen Welt angedichtet. Sie gehört ins Reich der Märchen. Der Architekt Paul Bonatz hat noch viele weitere Bauwerke errichtet. Er verstarb 1956. Am Bau der Brücken waren zudem nicht nur der Architekt, sondern weitere Ingenieure und Statiker beteiligt. Der leitende Statiker für die Teufelstalbrücke wohnte in Bürgel. Es ist bekannt, dass es bei dem Bau der Reichsautobahn auch Todesopfer zu beklagen gab. Konkrete Angaben für unseren Bereich gibt es aber nicht.

Auf der Teufelstalbrücke gaben es nach deren Fertigstellung und später leider auch einige schwere Unfälle. Die dort heute bestehende Geschwindigkeitsbegrenzung soll solche Unfälle verhindern, da durch das Teufelstal teilweise starke Luftströmungen ziehen.

Wiederholt wurde die Brücke auch von Personen benutzt, um aus dem Leben zu scheiden. Ende der 1970er Jahre gab es einen recht spektakulären Fall. Die gesamte Führung des Volkspolizei Kreisamtes befand sich auf der Fahrt Richtung Hermsdorfer Kreuz. Mitten auf der Brücke standen ein PKW „P 70“ und davor ein Mann. Der Leiter VPKA gab pflichtbewusst den Befehl zu stoppen, um den Mann zu fragen, was los sei. Statt einer Antwort mussten die geschockten Polizisten zusehen, wie der Mann auf das Geländer stieg und sich in das Tal stürzte. Er verstarb auf der Fahrt in die Uniklinik Jena. Eine Großaktion löste dieser Fall deshalb aus, weil am beschädigten Fahrzeug Haare sichergestellt wurden. Es stellte sich dann schnell heraus, dass es die Haare eines Hundes waren. Der Mann, Insasse einer geschlossenen Krankeneinrichtung, holte aus seinem Heimatort den PKW. Er wollte ein letztes Mal Auto fahren. Im Ort überfuhr er den Hund, fuhr weiter auf die Brücke, um sich dort das Leben zu nehmen.

Etwa zur gleichen Zeit gab es an der Tautendorfer Brücke einen tödlichen Arbeitsunfall. Ein Kollege hatte einen rückwärts herankommenden LKW missachtet und wurde überrollt. Ihm wurde an der Unfallstelle ein Kreuz mit Gedenkinschrift errichtet. Nachdem der Stein wiederholt durch staatliche Stellen entfernt, aber immer wieder neu errichtet wurde, pflanzte man dann um diesen Strauchwerk.
 

Tatsache - die Reichsautobahn wurde in die Gestaltung des gesamten Lebens einbezogen.

Am 02.05.1936 erfolgte die Grundsteinlegung des ersten K.d.F. - Seebades Prora auf Rügen. Die Autobahnen spielten für die Organisation der K.d.F.- Fahrten und deren Durchführungen eine zentrale Rolle. Ebenso für private Urlaubsfahrten. Die Autobahnen wurden bewusst in das System einbezogen. Direkt an den Autobahnen entstanden, teils aus Kiesgruben für den Autobahnbau, Strandbäder.
Die nationalsozialistische Gemeinschaft „Kraft durch Freude“ (K.d.F.) war eine politische Organisation mit der Aufgabe, die Freizeit der deutschen Bevölkerung zu gestalten, zu überwachen und gleichzuschalten. Die Organisation bestand von 1933 bis 1945, wobei die meisten Operationen mit Beginn des 2. Weltkrieges 1939 eingestellt wurden. Kraft durch Freude war eine Unterorganisation der Deutschen Arbeitsfront (DAF). Mit dem Amt für Reisen, Wandern und Urlaub, das Land- und Seereisen veranstaltete, war K.d.F. zugleich der größte Reiseveranstalter im Dritten Reich.

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