Die Geschichte der Freibäder im Holzland - Teil 1
"Bad Verein" - Senfs Teich 1904 bis 1914.

 

Die Geschichte der Freibäder im Altenburger-Holzland, später Thüringer Holzland lässt sich bis 1904 zurück verfolgen. Am 03.06.1904 wurde bei dem zuständigen Herzoglich Sächsischen Landratsamt Roda S.A. das Statut, die Badeordnung, ein Badeschein und die Skizze eines geplanten Badehauses vom „Bade - Ver­ein Hermsdorf S.A.“ einge­reicht. Dieser wurde am Vortag gegründet. Im Paragraf 1 des Statutes lautete:

„Zweck des Bade - Vereins ist, seinen Mitgliedern die Annehmlichkeiten eines erfrisch­enden Bades während der Som­mermonate zu bieten. Zu diesem Zweck ist der Senf’sche Teich nebst Zugangsweg gepachtet und ein dem Verein gehöriges Badehaus errichtet worden."

Senfs Teich befand sich auf dem ehemaligen Gebiet der Keramischen Werke Hermsdorf, etwa 200 Meter vom damals letzten Haus des Felsenkellerweges in westlicher Richtung, also weitab aller Häuser und Straßen. Der Teich wurde im Rahmen der Erweiterung des Betriebes Mitte der 1960-er Jahren trocken gelegt und bebaut. Eingeweihte, die diese Stelle noch kennen, können dort heute wieder für Teiche typischen Pflanzenwuchs erkennen.

Luftbild
Luftbildaufnahme (Ausschnitt) aus dem Jahr 1943
1 = Senfs Teich
2 = Felsenkellerweg
3 = Sägewerk Kraft vormals Völkel
4 Gasthof „Zum Schwarzen Bär“
5 = Berufsschule rechts daneben das Grundstück von Senfs.
6 = Rathaus

Der Badeverein hatte direkt am Ufer ein hölzernes Badehaus errichtet. Es war2,40 m breit und 4,00 m lang, mit einer Eingangstür an der schmalen Seite und einer Ausgangstür an der Längsseite, von der man über einige hölzerne Stufen direkt in den Teich gelangte - siehe Skizze unten.

Badehaus

Es war damals selbstverständlich, dass nur männliche Personen die Annehmlichkeiten eines erfrischenden Bades genießen konnten. Im oben zitierten Dokument heißt es dazu:

„Sobald das Bedürfnis hierzu vorliegt soll das Bad zu bestimmten Zeitpunkten auch für Damen reserviert und zum Sonnenbad erweitert werden."

Eine Badkommission hatte über die Aufnahme von Mitgliedern zu befinden. Wie in Vereinen üblich, war ein Beitrag zu entrichten, für die Familie zwei Mark.
Wie tief mag Senfs Teich gewesen sein, wenn die Sicherheitsbestimmung lediglich lautete:

„Des Schwimmens nicht kundige Personen sollen das Bad möglichst nur im Beisein einer zweiten Person, gleichgültig, ob dieselbe Schwimmen kann oder nicht, besuchen... ".

Im Teich gab es Fische, deshalb war das Waschen mit Seife „auf keinem Fall gestattet".
Die Fertigstellung des Badehauses wurde am 17.06.1904 den Behörden gemeldet. Man kann davon ausgehen, dass ab dieser Zeit anständig in Senfs Teich gebadet wurde.

Über den am 03.06.1904 eingereichten Antrag zum Bau des Badehauses entschied das Herzoglich Sächsische Landratsamt bereits am 06.06.1904 und erteilte am 08.06.1904 die Baugenehmigung. Darin hieß es:

„Beiliegendes Bauvorhaben geprüft und für die Ausführung unter den Bedingungen zulässig befunden, dass
1) die Gründung des Gebäudes in sachgemäßer Weise erfolgt,
2) die beiden Aus- und Eingangstüren eine lichte Höhe von mindestens 1,85 erhalten.“

Diese Baugenehmigung kostete damals 50 Pfennig.

Wie lange Senfs Teich als Freibad genutzt wurde, ist nicht genau bekannt. Nach Überlieferungen älterer Hermsdorfer Bürger löste sich der Bade -Verein Hermsdorf S.A.
mit Ausbruch des 1. Weltkrieges auf. Unmittelbar nach dem Krieg beginnt das Freibaden dann im Pferdeteich, an dessen Stelle 1927 das heutige Freibad errichtet wurde.

Dokumente des Vereins:

Statut des Bade - Vereins Hermsdorf S. A.

§ 1 Zweck des Bade - Vereins ist, seinen Mitgliedern die Annehmlichkeiten eines erfrischenden Bades während der Sommermonate zu bieten. Zu diesem Zwecke ist der Senfsche Teich nebst Zugangsweg gepachtet und ein dem Verein gehöriges Badehaus errichtet worden.

§ 2 Die Mitgliedschaft, und damit das Benutzungsrecht des Bades, wird durch einen jährlich, im Voraus entrichtenden Beitrag, der für dieses Jahr auf 2 Mark festgesetzt ist, erworben. Hierdurch erwerben gleichzeitig nicht selbstständige Familienglieder das Mitbenutzrecht. Sobald das Bedürfnis hierzu vorliegt, soll das Bad zu bestimmten Zeitpunkten auch für Damen reserviert und zum Sonnenbad erweitert werden.

§ 3 Über die Aufnahme von neuen Mitgliedern entscheidet die Badekommission.

§ 4 Der Ausschluss eines Mitgliedes aus dem Verein kann durch Beschluss einer Versammlung dann sofort erfolgen, wenn dasselbe gegen die Badeordnung oder sonstigen Bestimmungen des Vereins verstößt. Ein ausgeschlossenes Mitglied geht aller Rechte, die es durch die Mitgliedschaft erworben hatte, verlustig, hat also keine Ansprüche an das Eigentum des Vereins.

§ 5 Die Besorgung der Geschäfte und die Vertretung des Vereins in evtl. vorkommenden Streitigkeiten übernimmt eine von den Mitgliedern gewählte Badekommission, bestehend aus einem Vorsitzen­den, einem Schriftführer, einem Kassierer und drei Beisitzern, respektive im Auftrage der Kommission deren Vorsitzender. Die Wahl der Badekommission erfolgt in einer am Ende des Jahres abzuhaltenden Hauptversammlung auf die Dauer eines Jahres und zwar beginnt das Vereinsjahr am 1. Januar und endigt mit dem 31.Dezember. Eine zweite ordentliche Hauptversammlung findet vor Beginn der Badesaison statt.

§ 6  Mit Schluss des Vereinsjahres hat der Kassierer Bericht über die Kassenverwaltung abzulegen und der Vorsitzende über den Verlauf des Vereinsjahres zu berichten.

§ 7  Vorübergehend hier aufhältliche Personen, gleichgültig ob bei Mitgliedern zu Besuch oder nicht, können von der Badekommission die Erlaubnis zur Benutzung des Bades im Beisein eines Mitgliedes erhalten, wenn sie für jede Benutzung 10 Pfennig entrichten. Der Verein übernimmt jedoch auch für diese Badenden keine Haftpflicht.

§ 8  Des Schwimmens nicht kundige Personen sollen das Bad möglichst nur im Beisein einer zweiten Person, gleichgültig, ob die­selbe schwimmen kann oder nicht, benutzen. Ebenso dürfen Kinder nur in Begleitung Erwachsener baden. Nichtschwimmer dürfen die abgesteckte Grenze nicht überschreiten.

§ 9  Sobald noch drei Mitglieder vorhanden sind kann der Verein nicht aufgelöst  werden. Sollte indessen der Mitgliederbestand unter diese Zahl herabsteigen, so ist das Inventar des Vereins zu verkaufen und der Erlös zunächst zur Deckung evtl. vorhandener Vereinsschulden zu verwenden. Der dann noch verbleibende Rest fällt der Ortsarmenkasse zu.

§ 10 Durch Beitritt zum Verein übernimmt jedes Mitglied die Haftpflicht für sich selbst respektive für die zu ihm gehörigen Fami­lienglieder. Irgendwelche Haftpflichten übernimmt der Verein auf keinen Fall. Dieserhalb wird noch besonders auf die Badeordnung sowie auf die dem Badescheine enthaltenen Bedingungen verwiesen.

§ 11  Etwa sich notwendig machende kleinere Inventaranschaffungen werden, soweit sie sich nicht aus Vereinsvermögen anschaffen lassen, durch von den Mitgliedern zu erhebende Extra-Um­lagen gedeckt. Die Notwendigkeit derartiger Anschaffungen wird durch Kommissionsbeschluss festgestellt.

Hermsdorf, S.A., den 02.06.1904

Der Vorstand

 

Es ist möglich, aber nicht belegt, dass der Schriftführer Müller im späteren Schwimmverein in Klosterlausnitz eine Rolle gespielt hat.

Badeordnung

Bade - Verein Hermsdorf S.A.   Badeordnung

§ 1 Die Benutzung des Bades ist nur den Inhabern von Badescheinen, also Mitgliedern des Bade - Vereins Hermsdorf. S.A., sowie deren nicht selbstständigen Familiengliedern gestattet. Vorübergehend hier aufhältliche Personen können in Begleitung von Mitgliedern gegen Erstattung von 10 Pfennig für die jedesmalige Benutzung mit baden. - Anderen Personen wird die Benutzung des Bades nur nach Lösung eines Badescheines gestattet.

§ 2 Nichtschwimmer sollen das Bad möglichst nur  im Beisein einer zweiten Person, gleichviel ob diese schwimmen kann oder nicht, benutzen. Ebenso dürfen Kinder nur in Begleitung Erwachsener baden. - Nichtschwimmer dürfen die abgesteckte Grenze nicht überschreiten.

§ 3 Jedes Mitglied ist für seine eigene Person, respektive für seine Familienglieder haftbar und erklärt sich durch Entgegennahme des Badescheines ausdrücklich damit einverstanden, dass es im Falle irgendeines vor, während oder nach dem Bade erlittenen Schadens dieserhalb niemals Ansprüche an den Verein hat. Der Verein übernimmt also eine Haftpflicht seinen Mitgliedern gegenüber nicht.

§ 4  Jedes Mitglied übernimmt die Pflicht, sich während des Badens nicht nur in jeder Weise anständig zu betragen, sondern auch dafür mit zu sorgen, dass in jeden Beziehung Ordnung und Sitte gewahrt werden.

§ 5 Das Waschen mit Seife kann auf keinen Fall gestattet werden, da dadurch dem Fischbestand Schaden zugefügt werden würde.

§ 6 Jedes Mitglied ist verpflichtet, das Badehaus vor dem Verlassen von innen d. h., nach dem Wasser zu, sicher zu verriegeln und von Außen zu verschließen, damit eine unbefugte Benutzung verhindert wird. Nach Ablauf des Badescheines ist der Schlüssel zum Badehaus an den Verein zurückzugeben.

§ 7 Das Betreten der den Teich umgebenden Grundstücke ist auf das Streng­ste untersagt. Zuwiderhandelnde haften den betr. Besitzern für evtl. angerichteten Schaden.

§ 8 Die Nichtbeachtung respektive Nichterfüllung aller Vorschriften hat den Ausschluss des betreffenden Mitgliedes zur Folge und kann dieser durch Vereins­beschluss ausgesprochen werden.

Der Bade - Verein zu Hermsdorf S.A.


Quellen:

Staatsarchiv Altenburg
Sammlung www.hermsdorf-regional.de © Stefan Lechner
Herzlichen Dank für die Unterstützung an Hartmaut Dressel Gera.

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