Lieber
Stefan!
Vielen Dank für Ihren Brief von 23.03.04. Für
mich war es eine Überraschung und auch eine Freude zu wissen, dass
mein Hermsdorf mich nach so vielen Jahren nicht vergessen hat.
Nun einige Angaben.
Kurt Walter ECKARDT, geboren 13.02.1914
in Hermsdorf, Bergstrasse 39. Wir waren 4 Brüder und 2 Schwestern.
Von 1920 bis 1928 ging ich in die Volksschule. Im kleinbäuerlichen
Familienkreis habe ich eine frohe, unbeschwerte Kindheit gehabt. Danach
lernte ich Gärtner, Baumschulfach, in Meckenheim bei Bonn.
Am 05.10.1936 wurde ich für 2 Jahre zum Wehrdienst eingezogen. 1
Jahr in Wurzen, 1 Jahr in Trier und 1938 entlassen. Ende August 1939 wieder
eingezogen und bis Anfang 1942 an mehreren Orten in Deutschland und Osterreich
in Stellung. Dazwischen konnte ich 1941 noch meine Meisterprüfung
in Weimar ablegen. 1942 nach Sizilien, danach in Norditalien. Ende April
1945 in amerikanische Gefangenschaft geraten. Bis Ende 1945 im Gefangenenlager
in Pisa Livorno, danach in Bad Aibling entlassen. Ich habe damals Karlstadt
angegeben weil man nach russisch besetzten Gebieten nicht frei kam.
In Januar 1946 konnte ich dann nach Herrnsdorf. Am 10.08.1946 habe ich
meine Frau Hildegard (sie stammt aus Weißenfels) geheiratet. Am
31.01.1948 wurden unsere Zwillinge Klaus & Erika geboren. Bis 1954
eine kleine Gärtnerei in Hermsdorf gehabt. Meine Schwägerin
und Schwager waren 1950 nach Australien gegangen und wir bekamen gute
Nachrichten, auch für meinen Beruf. Wir konnten unsere Ausreise auf
Umwegen und Decknamen vorbereiten. So sind wir dann in August 1954 mit
dem Schiff "Anna Salen" von Bremen, über Gibraltar, Suezkanal,
Fremantle, Melbourne in Sydney angekommen. Die Reise dauerte 5 ½
Wochen.
Ich bekam sofort eine Stelle in einer großen Gärtnerei in Sydney.
Auch meine Frau bekam eine passende Arbeit nahe bei unseren Verwanden,
wo wir behelfsmäßig wohnten. Nach 6 Monaten konnten wir uns
ein eigenes Grundstück mit Wohngelegenheiten kaufen. Wir konnten
dann schon neben unsere Arbeitstellen viel Pflanzen, meine Rosen heranziehen,
mit denen wir guten Absatz hatten. Unsere Kinder kamen in der Schule sehr
gut zurecht und zählten nach 3 Jahren mit zu den besten Schülern.
Nach 8 Jahren kauften wir uns ein größeres Grundstück,
4 ha (40 000 qm), für uns recht gutes geeignetes Land, 40 km von
Stadtkern Sydney.
Wir konnten nun viele pflanzen, meistens Rosen, produzieren und gut verkaufen.
Wir hatten bis 12 Leute beschäftigt und meine Frau und ich hatten
das Geschäft gut im Griff.
Nun sind wir 50 Jahre hier und haben eigentlich nach unseren Vorstellungen
und
Plänen erreicht was uns gefiel. Im Geschäftsleben hatten wir
recht schnell ungehindert gute Verbindungen und einen großen Kundenkreis.
Wir haben uns hier schnell eingelebt, aber unsere Heimat nie vergessen
und sagen heute:
"Lass
Dir die Fremde zur Heimat werden.
aber die Heimat nie zur Fremde "
In einem großen
Freundeskreis sind wir über 40 Jahre Mitglied, mehrere Jahre Ehrensmitglied
der Deutsch-Osterreichischen-Gemeindschaft in Sydney, wo wir sehr viele
frohe schöne Stunden nach unseren Geschmack genossen haben.
Von 1971 bis
1999 sind wir 28-mal jedes Jahr nach Deutschland geflogen. Dabei haben
wir in allen 5 Erdteilen und vielen Ländern Stopover gehabt. In Amerika
von Santiago / Chile, Peru, die Anden, Mexiko, Los Angeles bis nach Alaska.
Auch auf der Osterinsel, Western Samoa, Norfolk Insel, Hawaii und viele
Inseln im südlichen Pazifik haben wir immer ein paar Tage Aufenthalt
genossen.
Leider bin ich nun schon im baufälligen Alter, aber die jüngere
Generation wird das Geschäft und den Namen weiter erhalten. Wir sind
jetzt 58 Jahre verheiratet, 4 Generationen, 2 Urenkel.
Viel herzliche Grüße
von einem alten Holzländer
W ALTER ECKARDT
Entlassungsschein aus amerikanischer
Kriegsgefangenschaft. |