Im Jahr 1827 gabe es in Hermsdorf zwei Schulen. Die Knabenschule wurde im selben Jahre aufwendig repariert und erweitert, so dass diese Reparatur einen Neubau gleich kam. Dennoch ist kein zweckmäßiges Schulhaus daraus geworden. Auf Beschluss des herzgl. Konsistoriums im Jahre 1836 sollte eine neue Schule (Mädchenschule) erbaut werden. Es wurde ein Stück Feld gekauft und 1837 mit dem Bau der Mädchenschule (Schulstraße / später Berufsschule und Pionierhaus). Der Bau wurde im Sommer 1840 vollendet.
Bis 1840 war in Hermsdorf nur ein Lehrer beschäftigt, obwohl die Schülerzahl
die 200 schon überschritten hatte. Ab 1840 kam ein zweiter Lehrer hinzu, gleichzeitig
wurden Klassen für Jungen und Mädchen (getrennt) eingerichtet.
1868, bei der Neuorganisation der Schule (immerhin wurden bereits 168 Knaben
und 149 Mädchen unterrichtet), wurde diese Trennung wieder aufgehoben, die Schule
wurde vierklassig gestaltet. 1873 wurde ein dritter Lehrer eingestellt. Bei
dieser Gelegenheit wurde das Schulgeld dermaßen erhöht, dass die Kinder der
1. Und 2. Klasse jährlich 6,00 Mark, die der 3. Und 4. Klasse je 4,50 Mark,
die der 5. Und 6. Klasse je 3,50 Mark zu bezahlen hatten.
Um 1850 galt noch die Verfügung wegen des Läutens:
1. Das Schulläuten bleibt dem Knabenlehrer übertragen, wobei als selbstverständlich
vorausgesetzt wird, dass der Lehrer einen Knaben zum Läuten auf den Turm schicken
kann.
2. Der Knabenschullehrer hat das Läuten bei Taufen und Leichen männlichen Geschlechts,
das heißt den Läuter und einen Knaben dazu, zu bestellen.
3. Bei ausbrechenden Feuersbrünsten soll das länger andauernde Feuerläuten im
1. Halbjahr der Knabenschullehrer, im 2. Halbjahr der Mädchenschullehrer besorgen.
Von der Verpflichtung zum Glockenläuten bei dem gewöhnlichen Gottesdiensten
und zum Aufziehen der Turmuhr wurde 1858 der Mädchenlehrer entbunden und diese
Geschäfte einem besonderen Manne übertragen.
1858 wurden der Hermsdofer Schule zur Gründung einer Schulbücherei von einem
Förderer der Sache wertvolle Bücher geschenkt. Das alte Schulgebäude neben der
Kirche (das „Kinderheim“ Kinderheimgasse, gilt als ältestes Schulhaus
in Hermsdorf, wenn sich nicht noch ein älteres bei Spaths in der „Ernststraße“
befand) war 1827 mit einem wesentlichen Aufwand repariert und erweitert worden.
Während das in den Jahren 1837 – 1840 auf einem dazu erkauften Platze
(Mädchenschule [ehemaliges „Haus
des Kindes“ ] ) erbaute Schulhaus zum Teil als Lehrerwohnung ausgewiesen
war, blieb jenes („Kinderheim“ neben der Kirche) den Knaben.
Am
29. April 1872 wurde der Grundstein zu dem neuen Schulgebäude gelegt und am
2. November 1873 die Einweihung vollzogen (mit gleichzeitigem Beginn des Unterrichts).
Auf ihren Grundmauern steht seit 1949 die „Friedensschule“.
Das
alte Gebäude mit seinem Gärtchen blieb im Besitz der Kirche. Dem ehemaligem
Mädchenschulhaus („Haus des Kindes“) gegenüber lag mit einem lebendigen
Zaun eingefriedete große Wirtschaftsgarten („Bärengelänge“). Hier
wo sich heute die Fleischerei Peuckert befindet, lag der zur „Bärengelänge“
gehörende Teich.
Die
alte Schule war also sehr eng mit der Kirche verbunden. Dieser Zustand erhielt
sich vom Ende des 16. Jahrhunderts bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts, also
rund 300 Jahre. Seit dem hat die Kirche für die Schule gesorgt, bis über das
Jahr 1885 hinaus, in dem in Hermsdorf Schule und Kirche wirtschaftlich getrennt
wurden. Denn 1885 waren der Schule nicht nur die Kantorei, die die Kirche 1840
erbaut hatte, ohne jedes Entgeld überlassen, sondern es wurden ihr auch 21000
Mark in bar als „Mitgift“ gegeben, und lange Jahre 5/12 des Reinertrages
der Kirchenhölzer.
Die
alte Schule neben der Kirche wurde seit 1896 als Kinderheim für Hermsdorf genutzt.
Treue Schaffnerin und zeitweise Kinderheimsdame zugleich war viele Jahre Agnes
Oßwald, die im Jahr 1922 verstarb. Die Räume hatten allerlei Mängel, sie waren
entschieden zu finster und niedrig. Auch ein Anbau um 1900 getätigt, hatte die
Übel nicht beseitigen können. So trug man sich ernsthaft mit dem Plane, ein
Kinderheim zugleich mit einem evangelischem Vereinshaus zu bauen. Der Plan wurde
nicht nur ernsthaft erwogen, es wurde auch der Versuch unternommen, die etwa
50000 Mark für den Neubau sicherzustellen. Der erste Weltkrieg machte jedoch,
wie vieles andere auch, diesen Plan zunichte.
Aber
gerade in diesen Jahren hat sich das Kinderheim, vorsorglich auf Kosten der
Kirche, bewährt. Als mit fortdauerndem Kriege der Hunger immer größer wurde,
wurde über viele Monate an rund 200 Kinder täglich für 10 Pfennig eine warme
Mahlzeit ausgegeben.
Nach
der Novemberrevolution sind die Kinder nicht mehr zum Heim gekommen. Dazu wurde
das Fräulein krank. Vor allem machte die wachsende Entwertung des Geldes durch
die Inflation die Erhaltung der Anstalt kaum noch möglich. Danach tagten noch
für einige Zeit Jugend- und Frauenverein, das Haus als soziale Anstalt, stellte
wenig später seine Tätigkeit ein. Bis weit über die Jahre des 2.Weltkrieges
hinaus wurde es als Mietshaus genutzt. Heute {1993} zeichnen sich bereits reinäußerlich
positive Entwicklungen ab.
Doch zurück zur Schule des 19. Jahrhunderts:
Von jedem Schulkinde wurden vierteljährlich 3 Pfennig Tintengeld verlangt.
Bezüglich der Reinigung der Schule blieb es bei der bisherigen Festlegung, dass
die größeren Knaben das Auskehren besorgen, dass der Pfarrer und der Gemeindevorstand
mit dafür Sorge tragen, dass sich die Schulknaben nicht weigern dürfen, dieses
Geschäft zu besorgen [Anordnung der Herzoglich – Sächsischen Kirchen und
Schulinspektion vom 15.01.1853].
Für die Knabenschulstelle, die eine Stelle der ersten Klasse war, betrug das
Diensteinkommen 1862 mindestens 260 Taler (Thaler). Kirche, Gemeinde und Hausväter
besoldeten den Lehrer. Der Staat zahlte nur eine geringe Ergänzungsrente von
2 Thalern, 26 Groschen, 1 Pfennig.
Der Lehrer erhielt aus der Kirchengasse jährlich eine Entschädigung für den
Wegfall des Zympels:
Früher lief jeden Sonntag ein Nachbar durch
die Kirche und sammelte mit dem Klingelbeutel oder dem Zympel Geld ein.
Dieses Klingelbeutelgeld wurde zu einem bestimmten Zwecke verwendet:
War man dem Lehrer zugetan, so erhielt er eine schöne Summe. Hatte man ihn aber
nicht so gern, wurden in den Beutel öfters wertlose Münzen, wohl auch Blechknöpfe,
geworfen. Dieser würdelosen Bettelei bereitete man ein Ende, indem der Lehrer
aus der Kirchenkasse eine Entschädigung erhielt.
7
Groschen und 5 Pfennig wurden für den Wegfall der Pfingstmaien ausgezahlt:
In
vergangenen Zeiten schmückten die jungen Burschen zu Pfingsten die Kirche mit
vielen kleinen Bäumen, meistens waren es Fichten und Birken. Nach den Festtagen
säuberte der Schulmeister und verwendete die halb dürren Bäume in seinem Haushalt.
Förster
und Bauern klagten des öfteren über die Schäden in Wäldern. Die jungen Burschen,
versteckt hinter dem Laubwerk, trieben während des Gottesdienstes allerlei Unfug.
In der Fürstlich - Sächsischen Landesordnung von 1589 und 1742 lesen wir:
„Auf
den Dörfern ist es eingerissen, das auf den Emporen das junge Volk auffällt,
es ungebärdig stößt, auch wohl Steine, Sträuße, Blumen und dergleichen auf das
Weibervolk herabwirft“.
Die Kirchenbehörde verbot den Maienschmuck
in den Kirchen. Da sich aber der Lehrer in seinem Einkommen geschmälert sah,
wurde ihm eine Entschädigung bewilligt. Zur Kirchweih sang der Lehrer mit den
Kindern oder ließ die Adjuvanten blasen, wofür er eine geringe Entschädigung
erhielt.
Adjuvanten Musikanten,
Adjuvanten genannt, erhöhten in der Kirche
die Festesfreude durch
Trompetenklang und
Paukenwirbel. Die Adjuvanten spielten zum Tanz auf.
Leiter
war der Lehrer.
Nach der Gründung des Dorfes und der Kirche hatten sich die Bauern verpflichtet, ihrem
Kirchner als Entlohnung Korn und Brote zu reichen. Dieser so genante Decem wurde
am 14.01.1859 abgelöst.
Nach
Neujahr zog der Lehrer mit seinen
Schulknaben singend von Haus zu Haus. Die Sänger wurden in den Häusern mit Speise
und Trank bewirtet. Der Lehrer erhielt außerdem ein schönes Geldgeschenk. Dieser
Umzug dauerte mehrere Tage. Leider verübten die Knaben, besonders nach dem Genus
von Bier und Branntwein, allerlei Rüpeleien. Die Kirch - und Schulbehörden drängten
darauf, dieser unwürdigen Bettelei ein Ende zu bereiten. Der Lehrer erhielt
eine entsprechende Entschädigung.
Bei Hochzeiten1.Klasse
musste der Brautvater dem Schulmeister für Tuch, Kranz, Band und Handschuh eine
gewisse Summe zahlen.
Bis ungefähr 1760 war der Lehrer
Hochzeitsbitter:Er zog einen bunten
Rock (Livree) an, setzte einen hohen Hut auf, über den ein Kranz gestülpt war,
nahm einen Stab mit einem langem Band in die Hand und zog von Haus zu Haus,
um in geschickt abgesetzte Rede die Gäste zur Hochzeit zu laden. Bei den Geladenen
wurde er reichlich mit Speise und Trank beköstigt. Häufig dauerte dieses üppige
Leben mehrere Tage. Am Hochzeitstage aber zog der Schulmeister neue weiße Handschuhe
an, band ein buntseidenes Tuch an den Rock und führte den Bräutigam in die Kirche.
Der Pfarrer geleitete die Braut. Kranz, Band, Tuch und Handschuhe hatte der
Hausvater zu stiften. Nach 1800 schlief dieser Brauch allmählich ein, der Lehrer
erhielt eine Entschädigung.
Und: nach
der Schulmatrikel von 1755 hatte der Schulmeister von Hermsdorf Anspruch auf
einen Schleißensbaum aus dem Kirchenholze. Mit brennenden Spänen (Kien) erleuchtete
(und verräucherte) er seine Stube, da ihm die Kerzen zu teuer waren.
Große Freude bereitete den Kindern das „Sedanfest“
an jedem 2. September (in Erinnerung an den Sieg der preußisch – deutschen
Truppen am 2.September 1870 {Einkesselung und Gefangennahme einer ganzen französischen
Armee, einschließlich von Kaiser Napoleon III. ten, damit Entscheidung im Deutsch
– Französischem Krieg}. Dieses Fest wurde ein jedes Jahr, bis zum Ende
des 2. Deutschen Kaiserreiches gefeiert. Am Tag davor fuhren junge Burschen
durch das Dorf, sammelten Holz und schichteten dieses auf der Schleifreisener
Höhe zu einem großen Haufen auf.
>>Gegen Abend versammelten wir uns vor der Schule, brannten die
Kerzen in den Papierlaternen an und liefen vergnügt zu der Höhe. Einige Männer
zündeten die Holzhaufen mit Kerzen an. Wir sangen: "„Flamme empor!“.
Der Pfarrer und der Gemeindevorsteher hielten Ansprachen. Am nächsten Tag, dem
Sekanstag, kamen wir Kinder wieder vor der Schule zusammen. Die Knaben trugen
kleine Fahnen mit den Farben schwarz – weiß – rot und die Mädchen
Stäbe, an die Kränze gebunden waren. Mit Musik bewegte sich der lange Zug hinaus
an die 1871 gepflanzte „Friedenseiche“, an der Reichenbacher Straße.
Hier schmückten Mädchen das Schutzgeländer des Baumes mit Kränzen und Girlanden.
Jedes Schulkind erhielt eine Bockwurst und ein einfaches Glas Bier (!?).<<
Der Feiertag "Sedanfest" wurde durch die Weimarer Republik wieder abgeschafft - siehe dazu hier. |