Chronik Gaststätte „Weißer Hirsch“ - „Centralhalle“ - „Central-Lichtspiele“
Alte Regensburger Straße 23

 
Bildergalerie aus der Geschichte

Betrachtet man die Geschichte des Hauses und der Gaststätte, so muss man eine Teilung vornehmen. Bis 1949 bestand hier eine Einheit.
Im Jahr 1949 erfolgte der Umbau des hinteren Gebäudeteiles (Saal) zum Kino. Im Haus direkt an der Straße befand sich die Gaststätte.
 
Nach bisherigen Erkenntnissen gab es folgende Eigentümer oder Pächter der Gaststätte:

Johann Gottlob Richard Kraft * 20.06.1847 Hermsdorf † 21.05.1880 Hermsdorf Hochzeit am 01.05.1870 Minna Opel (E)
Oswald 1887 (P)
Gustav Scheibe (P) 01.10.1896 - 15.07.1902 (hat sich erhängt)
Karl Friedrich Richard Kraft (* 19.05.1872 Hermsdorf † 1926 Hochzeit am 22.01.1898 Johanna Schwenke) ab 1902 - 1926 (E)
Johanna Kraft geborene Schwenke 1928 (E)
Alfred Matthäi 1938 (P)
Bruno Paul Biedermann 1947 (P)
Josef Guba 24.09.1949 bis 31.08.1955 (P)
Kurt Erbert 01.09.1955 bis März / April 1958 (P)

 
Grbaut wurde das Haus 1863. Die Gaststätte nannte sich damals „Weißer Hirsch“. Sie wurde auch wegen des Eigentümers auch „Oswaldscher Gasthof“ genannt.
Die Witwe Agnes Oswalt war 1912 Wirtschaftsleiterin im Kinderheim.
Eisenbergisches Nachrichtsblatt vom 16.07.1902
Eisenbergisches Nachrichtsblatt vom 16.07.1902
20.08.1902 - Richard Kraft war zunächst Pächter der Gemeindeschänke „Zum Weißen Hirsch“ der Tinzer Brauerei. Er hatte den Gasthof käuflich erworben und er ersuchte um Erteilung der Konzession durch den Gemeinderat, der diese erteilte. Diese Gaststätte erhielt - vermutlich 1905 - den Namen „Centralhalle“ und verlor damit den Status der Gemeindeschänke. Zahlreiche alte Vereine hatten dort ihren Sitz (Vereinslokal). Am 15.11.1887erfolgte dort zum Beispiel die Gründung des Turnvereines „Gut Heil“.
Eisenbergisches Nachrichtsblatt vom 06.08.1902
Eisenbergisches Nachrichtsblatt vom 06.08.1902
 

06.08.1902 - Richard Kraft erwarb den Gasthof und er ersuchte um Erteilung der Konzession durch den Gemeinderat, der diese erteilte. Diese Gaststätte erhielt - vermutlich 1905 - den Namen „Centralhalle“ und verlor damit den Status der Gemeindeschänke. Zahlreiche alte Vereine hatten dort ihren Sitz (Vereinslokal). Am 15.11.1887erfolgte dort zum Beispiel die Gründung des Turnvereines „Gut Heil“.

Im ersten Weltkrieg mietete der Hermsdorfer Korbmacher Berthold Schlöbe den Saal und stellte dort Geschosskörbe her. Er gab vor allem Frauen Arbeit, deren Männer im Kriegsdienst oder bereits gefallen waren.

Am 17.01.1932 hielt der Militär- und Kriegerverein Hermsdorf seine erste Sitzung für das Jahr in der Centralhalle ab, die vom Vorsitzenden Kunze geleitet wurde. Der Verein hatte 118 Mitglieder, acht Versammlungen wurden im Vorjahr abgehalten. Es wurden der verstobenen Mitglieder Gottfried Schröter und Louis Geithe gedacht.

Am 20.04.1932 fand die Hauptversammlung der Sanitätskolonne Hermsdorf statt. Kolonnenführer Kunze begrüßte die Anwesenden und gratulierte den Kolonnenarzt Dr. Schuster zu dessen 50. Geburtstag.

Der Hausbesitzer- und Gewerbeverein Hermsdorf führte am 30.04.1932 in der Centralhalle seine Versammlung durch. Der Vorsitzende Gustav Trinks erläuterte u. a. die Senkung der Mietzinssteuer um 20 %.

Die Kriegsereignisse und Bombenangriffe hatte die Gaststätte und der Saal gut überstanden. Da die Friedensschule ausgebrannt war, wurde nach dem 2. Weltkrieg an drei Orten unterrichtet, 4 Räume des Altbaues der Friedensschule, 3 Räume der Mittelschule und 2 Räume der Berufsschule und in weitere der Centralhalle. Donnerstags fanden im Saal Tanzveranstaltungen statt, an denen sich auch die zu dieser Zeit noch anwesenden Fremdarbeiter, später die Bewohner der Quarantänestation (Ostlager) beteiligten.

In der Centralhalle wurde am 14.07.1946 das Wahllokal für die Wahl des neuen Gemeindevorstandes nach dem 2. Weltkrieg eingerichtet. Am 20.10.1946 war es Wahllokal für die Landtags- und Kreistagswahlen.

Der Berufsschulzweckverband, dem die Gemeinden Hermsdorf, Klosterlausnitz, Weißenborn, Tautenhain, Reichenbach, Schleifreisen, Oberndorf und St. Gangloff angehörten, eröffneten eine Berufsschule auf der Basis wie vor dem Kriege. Die Berufsschule war in 2 Räumen, einem Schuppen mit anschließendem Garten in der Centralhalle ab 28.07.1947 pachtweise untergebracht. Die Besitzerin der Centralhalle, Johanna Kraft, erhielt für die Räume 70,- DM monatliche Pacht. Vertragspartner war der Berufsschulzweckverband.

Am 18.10.1947 genehmigte der Gemeinderat den Antrag des Gastwirtes Josef Guba (Centralhalle) auf Erteilung der Schankkonzession zum Ausschank von Bier, Spirituosen und anderen Getränken, sowie von Speisen, da ein Bedürfnis vorlag.

Nach dem 2. Weltkrieg wurde der Saal zum Kino umgebaut. Am 04.07.1949 wurde es feierlich eingeweiht. Das Vorderhaus, ebenfalls „modernisiert“, erhielt eine einfache Putzfassade. Die herrlichen Klinker verschwanden.

Am 24.09.1949 hieß die Centralhalle „Antifa-Haus“. Josef Guba erhielt die Schankerlaubnis und gab diese 1955 auf. Um ihn ranken sich Gerüchte, wonach er in der Gaststätte Fleisch aus der Abdeckerei verarbeitet haben soll. Außerdem soll er sich einmal geschnitten haben und erkrankte im Anschluss daran an Rotlauf.

Neuer Pächter wurde am 01.09.1955 Kurt Erbert, der bis dahin das Sportlerheim bewirtschaftet hatte.

Im Jahr 1959 erfolgte der Umbau als modernes Filmtheater mit Totalvision und 450 Plätzen. Im Kinosaal fanden nun ständig Einschulungs-, Schulentlassungs- und Jugendweihefeiern statt. So zum Beispiel am die Jugendweihefeier 15.03.1964, mit einer Gesamtschülerzahl von 88 Jugendweiheteilnehmern statt. Davon 6 aus Schleifreisen und 7 aus Oberndorf. Festredner war Herr Siebeneiger vom Kreisausschuss für Jugendweihe.

Im Jahr 1987 befand sich eine Annahmestelle der Hauswirtschaftlichen Dienstleistungen in der ehemaligen Gaststätte.

Am 12.06.1990 wurde das Hermsdorfer Kino für immer geschlossen.

Im Jahr 1991 kaufte der Eigentümer der Gaststätte „Zur Linde“, Günter Peupelmann, das Kino. Die Grundstücksgrenze zur Gaststätte bildet die Rückwand des Hauses an der Alten Regensburger Straße. Er hatte die Absicht einen Umbau vorzunehmen und dort einen Erotikbereich einzurichten. Der Stadtrat lehnte den Bauantrag ab. Hinzu kam, dass es Rückführungsansprüche gab, die sich bis 1998 hinzogen. Bei der Klärung der Ansprüche wurde dann festgestellt, dass in der DDR-Zeit im Grundbuch keine Eigentümerwechsel eingetragen wurden. Eine gängige Praxis damals. Im Jahr 1998 wurden die Rückübertragungsansprüche von Kraft‘s Erben abgelehnt. Die Gebäudesubstanz, die schon mit Kauf sehr schlecht war, hatte sich noch weiter verschlechtert und so blieb nur der Abriss. Im Jahr 2001 wurde ein Teil, im Jahr 2004 der Rest des ehemaligen Kinos abgerissen.

Das Haus an der Straße, in der sich die Gaststätte befand, ist heute im Besitz von Johannes Adam aus Grünstadt, der dieses zusammen mit dem alten Feuerwehrhaus von der Stadt gekauft hatte.

 
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