Sägewerk Walter Völkel und Hermsdorfer Elektrizitätswerk

 

Das Dampfsägewerk

 

Postkarte der Kreuzung am Felsenkellerweg

Diese alte Postkarte zeigt (von links) das Haus Nummer 15 (ehemals Fleischerei Peuckert), in der Bildmitte die alte Schule. Es war die erste Hermsdorfer Schule, noch vor der heutigen Friedensschule erbaut. Später wurde das Haus als Berufsschule, zu DDR - Zeiten dann als Pionierhaus genutzt. Das Fachwerkhaus rechts wurde um 1963 abgerissen.
In den Jahren 1871 bis 1892 stand das Kriegerdenkmal für die Teilnehmer am deutsch-französischen Krieg auf der heutigen Kreuzung Eisenberger Straße / Schulstraße / Felsenkellerweg. Im Felsenkellerweg entstand das Sägewerk Völkel. Da es durch das Denkmal Probleme gab, mit den Langholzwagen um die Kurve zu fahren, ließ Walter Völkel (Sägewerksbesitzer) das Denkmal 1892 vor die Schule umsetzen. In diesem Jahr wurden neue Dokumente in den Sockel eingelagert. Einen Teil davon konnte der Lehrer Werner Serfling vor der Vernichtung 1955 abschreiben:

„Die Zeiten sind jetzt nicht die Besten zu nennen. Handel und Wandel sind seit einigen Jahren sehr zurückgegangen, was wir nur den Sozialdemokraten zu verdanken haben, weil selbige nur 8-stündige Arbeitszeit beantragen. Die Unternehmerbauten liegen daher ganz im Argen. Die Ernte war hier in unserer Flur sehr schön, dagegen anderweitig leidlich, mitunter ganz schlecht, weil es so sehr an Regen fehlt.
Das Pfund Brot kostet 14 Pfennig.
Das Pfund Butter kostet 1,10 Mark.
Das Pfund Fleisch kostet 50 - 70 Pfennig.
Ein Zentner Kartoffeln kostet 4 Mark.
Ein Zentner Roggen kostet 12 Mark.
Ein Zentner Weizen kostet 12 Mark.
Ein Zentner Hafer kostet 7 – 8 Mark.
Einwohnerzahl 1900 Köpfe
Lehrer 3
Pastoren 2
Doktoren 1
Bis zum Jahre 1889 war eine schöne goldene Zeit für die hiesigen Einwohner, da alles in Zufriedenheit lebte, die Gemeinde, Kirche und Schule in guten Vermögensverhältnissen lebten. Bis zum Frühjahr 1889 die Porzellanfabrik von Herrn Koch am Bahnhof gebaut wurde, selbige brachte viele Menschen nach hier, infolgedessen die Gemeinde viele Lasten bekam.“

Luftbildaufnahme des Sägewerkes Völkel
Eine Luftbildaufnahme des Sägewerkes Völkel (1) aus dem Jahr 1937. In der Aufnahme zu sehen die spätere Berufsschule (2), zu dieser Zeit Sitz der Krankenkasse, die Bäckerei Schmidt (3), Zahnarzt Schröder (4), Café Rühling (5) sowie Schlosserei Rahn (6).
Dampfsägewerk Völkel
Holzplatz des Sägewerkes Walter Völkel, in Richtung Osten. Die Turmspitze des Hauses Lauckner ist noch zu erkennen.
Walter Völkel
Walter Völkel um 1905
Das Dampfsägewerk wurde 1875 gegründet. Ab 1903 kam noch das Elektrizitäswerk hinzu (dazu siehe weiteres unten). 1928 wurde das E-Werk demontiert. Das Sägewerk ging zunächst an die Jenaer Energie AG, die den Betrieb dann an Friedrich Traugott Kraft verkaufte.
 
Am 09.04.1945 gab es schwere Bombenangriffe auf Hermsdorf, beim denen 13 Personen sofort oder an den Verletzungen starben sowie über 20 Gebäude durch Bomben beschädigt wurden. Der Schwerpunkt der Zerstörung erstreckte sich um das ehemalige Cafe Rühling, wo auch zwei Frauen und ein Kind auf Grund der Brandverletzungen im Krankenhaus Eisenberg starben, bis zum Sägewerk Kraft und von dort entlang der Schulstraße bis zur Kistenfabrik Herling. Teile des Handwerkerhauses in der HESCHO , die Sortierung im Gelände II und das E-Werk wurden bei Bombenabwürfen schwer beschädigt. Drei Personen kommen bei den Angriffen vormittags in der HESCHO ums Leben.
Auf dem Gelände der Schule schlugen mehrere Brandbomben ein. Der alte Bau der Volksschule erhielt einen Treffer, der vom Dach bis in den Keller durchschlägt, aber gelöscht wurden kann. Alle anderen Treffer befinden sich im Freien. Neben der Schule befand sich ein großer Holzlagerplatz, die Stapel wurden getroffen und brannten ab. Bedingt durch den Wind und fehlendes Löschwasser griff das Feuer in der Folge auf den neuen Schulteil über, dieser brannte völlig aus.
 
Nach dem Krieg wurde das Sägewerk stillgelegt. Lange Jahre befand sich dann dort der VEB Kraftverkehr, der nach der Wende abgewickelt wurde.
 

Elektrizitätswerk Hermsdorf S.A. GmbH - Hermsdorfer Elektrizitätswerk Walter Völkel

 
Zeitungsanzeige
Für die Verwirklichung dieses Vorhabens gibt es keinerlei Belege.
Das Vorhaben wurde vermutlich nicht realisiert. Die Gründung des E-Werkes in
Hermsdorf erfolgte im Jahr 1903 und zwar im Dampfsägewerk Völkel.
Schreibe des Elektrizitätswerkes Hermsdorf GmbH an vom 10.08.1904 an die Gemeindeverwaltung Klosterlausnitz..
Es betraf die Straßenbeleuchtung im Bereich der Bahnhofsbrücke.
Das Gelände ab Goethestraße bis über die Brücke - die ehemalige Bahnhofsvorstadt - gehörte bis 1924 zu Klosterlausnitz.
Gesiegelter Schriftverkehr
Gesiegelter Schriftverkehr
Schreiben des Hermsdorfer Elektrizitätswerkes Walter Völkel vom 02.11.1906
Schreiben des Hermsdorfer Elektrizitätswerkes Walter Völkel vom 02.11.1906
Foto um 1907 / 1908 - in der Ernststraße wurden Leitungsmasten gesetzt.
Foto um 1907 / 1908 - in der Ernststraße wurden Leitungsmasten gesetzt.
Antwort auf eine Anfrage aus Klosterlausnitz vom 17.04.1912
Antwort auf eine Anfrage aus Klosterlausnitz vom 17.04.1912
Stromerzeugungsmaschine des E-Werkes
Stromerzeugungsmaschine des E-Werkes Walter Völkel
Stromerzeugungsmaschine des E-Werkes
Stromerzeugungsmaschine des E-Werkes Walter Völkel
Rechnung vom 27.07.1923, das E-Werk war in Eigentum der Jenaer Elektrizitätswerke AG übergegeangen.
Rechnung vom 27.07.1923, das E-Werk war in Eigentum der
Jenaer Elektrizitätswerke AG übergegeangen.
1928 Demontage

Im Jahr 1928 erfolgte die Demontage der Technik des E-Werkes. Der Kessel wurde nach Mühlhausen verkauft.
Links am Haus das Schild "Riebeck Bier", die letzte Hermsdorfer Reihenschank Stelle.
Gerade das Haus des Fleischermeisters Peuckert, zu dieser Zeit an den Fleischermeister Richard Gräfe verpachtet.
Rechts das Haus Lauckner, um die Ecke der Eingang zum Elektrogeschäft Linus Lauckner, rechts Eduardt Lauckner Moderwaren.

 

 

Hermann Schmidt war Maschinist und später technischer Leiter des ehemaligen E-Werkes bei Walter Völkel im Felsenkellerweg.
Zunächst war er als Schlosser an der Errichtung der Anlage beteiligt, um sie dann später verantwortlich zu betreiben. Deshalb zog die Familie um 1904 von Gera nach Hermsdorf. Das E-Werk wurde im Jahr 1903 von Walter Völkel gegründet. Alles begann mit einer Dampfmaschine und offenen Riementrieb zum Generator zur Erzeugung von 110 Volt Gleichspannung. Der Dampfkessel wurde mit den Holzabfällen des Sägewerkes befeuert. In lastschwachen Zeiten wurden große Blei-Akkumulatoren geladen, mit denen die Stillstandzeiten der Maschine überbrückt werden konnten. Technik zum Anfassen!

Belegschaft des Sägewerkes Völkel um 1925
Belegschaft des Sägewerkes Völkel um 1925

01 =
02 = Schmidt, Walter
03 = Girbert, Walter
04 =
05 =
06 =
07 = Völkel, Walter
08 = Schmidt, Hermann
09 =
10 = Krautwurst, Max

11 =
12 = Petermann, Albin
13 =
14 =
15 =
16 =
17 =
18 = Leisering, Max
19 = Köhler, Ernst

 

Der Firmensitz erstreckte sich von der Schulstraße bis zum Felsenkellerweg. Es gehörte zum Sägewerk der Firma Walter Völkel (später Kraft). Ab dieser Zeit kann davon ausgegangen werden, dass nach der Verwendung für den Eigenbedarf (Sägewerk), der Strom auch weiter in Hermsdorf zur Nutzung kam. So ist gesichert, dass 1908 z. B. die Bäckerei Eckardt (heute Motorgeräte Matthes) Strom im Haus hatte.
Hermann Schmidt ging bei Dunkelheit durch den Ort und prüfte, ob Stromabnehmer zu starke Glühbirnen eingeschraubt hatten. Die Energiekosten wurden nach dem Anschlusswert berechnet und nicht wie heute nach dem Verbrauch. Freunde gewinnt man bei solchen Kontrollen sicher nicht.

Die Firmengründung 1909 Linus Lauckner (Elektroinstallationsmeister) trug dieser Entwicklung Rechnung und förderte die weitere Verbreitung der Stromanwendung in Hermsdorf. Sicher konnte sich dies zu der damaligen Zeit nicht jeder leisten. Anderseits gab es um 1910 - 1912 in der heutigen Alten Regensburger Straße bereits eine Straßenbeleuchtung. Das Haus selbst, an dem diese angebracht war, hatte noch kein Stromanschluss.
Hermann Schmidt arbeitete mit Linus Lauckner zusammen und war nach Schließung des E-Werkes vermutlich ab 1920 dort angestellt. In den folgenden Jahren stand er mit Max Krautwurst zur Lösung technischer Probleme in Verbindung, insbesondere in der Nachkriegszeit als es um die Betriebserhaltung von Pumpen und Motoren im Wasserwerk ging.

 
Belegschaft des Sägewerkes Völkel
Foto der Firma Linus Lauckner um 1920
01 = Linus Lauckner
02 =
03 =
04 =
05 =
06 = Alfred Kraft (Lehrling)
07 =
08 = Elli Vetter (Ehemann hatte im Nachbarhaus ein Friseurgeschäft)
09 = Hermann Schmidt
10 = Helene Lauckner (Ehefrau von Linus)
11 = Selma Lauckner (Mutter von Linus)
12 = Olga Bratfisch geb. Lauckner (Mutter v. Eitel Bratfisch)
13 =
 

Am 30.11.1913 schlossen die Gemeinde Hermsdorf und das Elektrizitätswerk Walter Völkel einen Vertrag, der dem Werk die zunächst die Monopolstellung im Ort sicherte. Die damalige Leistung des Werkes betrug 500 PS = 350 kW. Zitat aus dem Vertrag:

„Die Firma ist verpflichtet, für die Straßenbeleuchtung der Gemeinde an mindestens 250 Tagen des Jahres in nachstehender Weise zu sorgen. Es müssen brennen:
1. Eine halbe Stunde nach Sonnenuntergang bis 12:00 Uhr nachts 6 Osramlampen von 25 NK.
2. Von 12:00 Uhr nachts bis zur Morgendämmerung 20 Richtungslampen.“

1895 wurde mit Gründung der Hermsdorfer Porzellanfabrik dort bereits ein neues E-Werk errichtet, mit 220 V Strombetrieb. Dieses stand in etwa dort, wo jetzt das Wohnhaus (Sozialwohnungen) hinter dem Stadthaus steht. Mit der Erweiterung des moderneren E-Werkes 1920 in der damaligen HESCHO und der Umstellung aller Stromabnehmer auf 220 V wurde das E-Werk Völkel dann abgeschaltet. Im März 1928 wurde das Elektrizitätswerk Völkel versteigert und von der Thüringer Staatsbank gekauft. Der demontierte Dampfkessel wurde nach Mühlhausen verkauft. Nach Vertragsabschluss mit der Bank wurde der Konzessionsvertrag durch die Bank auf die Jenaer Elektrizitätswerke übertragen, die das Elektrizitätswerk betreiben sollten. In dieser Zeit gab es in Hermsdorf weniger als 1000 Stromabnehmer, 1932 waren es 1100 sein. Strom wurde dort nicht mehr erzeugt, das Sägewerk wurde aber weitergeführt.

 
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