Erlebnisbericht Ilse Ziermann geb. Steingrüber verw. Hillebrand
zu den letzten Kriegstagen und den ersten Tagen der alliierten Besetzung
 
Nach Notizen von Ilse Ziermann aufgeschrieben von Stefan Lechner mit Ergänzungen.
Siehe auch das Tagebuch von Otto Steingrüber, Vater von Ilse Ziermann.
 

Wie das die Mütter alles nur verkraftet hatten, ihre lieben, hoffnungsvolle, junge Söhne für einen wahnsinnigen Diktator zu opfern? 1945 wurde eine sehr traurige Weihnacht. Mein Vater [1] meinte, 1945 kommt das bittere Ende.
Mein Mann [2] war plötzlich mit seinem Stab nach Fürstenberg an die Havel [3] versetzt worden. Er schrieb mir 1945, ich sollte zu meinem Geburtstag am 16.Januar bei ihm sein. Mutter [4] sagte fahre, ich behalte die Uta. So hatte ich dann meinen lieben Mann besucht. Ich war privat einquartiert, ein kaltes Zimmer. Hermann hatte viele Kohlen bringen lassen, damit wir es warm bekamen. Er war dort mit seiner Instandsetzungstruppe und sämtliche Kfz-Werkstätten mussten mit für ihn arbeiten. Er nahm mich immer mit auf Tour und so bekam ich einen kleinen Einblick in sein Aufgabengebiet. Eines Tages sagte er zu mir: „Du musst sofort nach Hause, der Russe ist in Schneidemühl [5] durchgebrochen. Ich will nicht, dass du in den Frontbereich kommst.“ So bin ich dann schnell abgereist und die herrlichen Stunden waren wieder zu Ende. Die Heimfahrt wurde ziemlich schwierig. Die Züge hatten Verspätungen und überall waren Flüchtlinge. Ich kam mit einer schweren Blasenentzündung zuhause an. Aber meine Mutter hatte mich wieder gesund gepflegt.
Von meinen lieben Hermann hörte ich vorläufig nichts mehr. Im Lande war ein Chaos ausgebrochen. Die Städte wurden Tag und Nacht bombardiert. Die Feinde überschritten die Reichsgrenze und überall wurde erbittert gekämpft. Anfang März 1945 erschien plötzlich Herbert [6] mit einem Kameraden auf einem Motorrad bei uns. Seine Einheit war auf dem Rückzug vor den Russen, dabei hatte er einem Abstecher zu uns gewagt. Es war nur eine Stunde. Als er wieder weiter fahren wollte kam ein großer Doppelstockbus um die Ecke gefahren. Mein Mann sah den Bus, voll beladen mit Flüchtlingsfrauen und -kindern. So wollte er helfen. Er brachte die armen Menschen in einem Auffang-Zentrallager unter, damit sie dort verweilen konnten. Für unsere Familie war das ein frohes Wiedersehen. Hermann war die ganze Nacht bei uns. Es war die letzte, für eine lange Trennungszeit. Wir glaubten beide nicht mehr an den Sieg und es lag eine ungewisse Zukunft vor uns. Hermann äußerte: „Die letzte Kugel gehört mir!“ Das war auch so eine Phrase, die den Soldaten eingehämmert wurde. Da wurde ich zum ersten Mal böse mit ihm. Ich sagte: „Wenn du das tust, weine ich keine Träne um Dich. Solange wir hoffen können, uns lebend wieder zu sehen, hat jeder die Pflicht, sein Leben für den anderen zu erhalten.“ Mit diesem Versprechen hatten wir Abschied genommen. Am anderen Tag fuhr er mit seinen Fahrgästen in Richtung Holland weiter. Ich hatte ihn noch lange auf der Autobahn nachgeschaut und es war mir, als wird mir ein Stück von meinem Herzen herausgerissen, so weh tat es. Werden wir uns je wieder sehen? Doch bis dahin sollte noch viel geschehen. Der Zusammenbruch rückte immer näher. Jetzt wurde den Hitlerjungen und alten Männern eine Waffe in die Hand gedrückt, um das Vaterland im Volkssturm [7] zu verteidigen. Der Wahnsinn nahm kein Ende und viele Menschen mussten in den letzten Tagen noch ihr Leben lassen.
Nach dem Bombenangriff in Jena hatten wir kein Licht und kein Wasser [8] mehr. Wir gingen an den Bahndamm zu einer Quelle Wasser holen. Am 01.04.1945 bekamen wir die Aufforderung, unserer Wertsachen zu packen und mit den Nötigsten in die Wälder zu gehen. Es sollte die MUNA [9] gesprengt werden und man rechnete damit, dass einige Häuser zusammenfallen. Zum Glück kam es nicht mehr zur Sprengung. Am 04.04.1945 hatten wir die ersten Tiefflieger hier. Die Autobahn und die Straßen waren voll mit flüchtenden Soldaten und Zivilisten. Auch wir sollten fliehen, aber wohin? Wir hatten alles im Keller verstaut und harrten der Dinge. Die Tiefflieger waren dauernd über uns und beschossen alles was sich bewegte. In der Ferne war auch schon der Geschützdonner zu hören. Am 09.04.1945 wurde Hermsdorf mit Brandbomben beworfen. In der Schulstraße brannte es lichterloh. In das Werk am Bahndamm fielen Sprengbomben. Die Eisensplitter flogen bis zu uns in den Hof. Ein Glück, ich hatte mich gerade noch mit Uta in den Keller retten können. Ich trug sie immer im Freien auf dem Arm. Die ersten Toten gab es auch im Ort. Einige Tage mussten wir noch im Kampfgebiet ausharren. Wir wagten uns kaum noch aus dem Keller und meine kleine Uta wollte so gern draußen spielen. Auf den Straßen kamen jetzt hungrige Soldaten ohne Waffen. Häftlinge aus Buchenwald, wankend, wund gelaufen und abgemagert, wurden durch die Straßen getrieben. Es war schrecklich, diese armen Menschen zu sehen und ich musste viel weinen. Ich hatte dabei immer an meinen Mann gedacht. Wie würde es ihm wohl ergehen? Eine Panzerspitze stand in Stadtroda. Auf der Bahnbrücke [10] fuhr vor uns ein Flakgeschützt auf und man wollte den Kampf mit den Amis aufnehmen. Vater, ich und einige Nachbarn [11] sind zu den Soldaten gelaufen und hatten sie gebeten, dies nicht zu tun. Es war ein Kampf ums Überleben. Mein Vater sagte: „Ihr wollt wohl ganz Hermsdorf noch in Schutt und Asche legen? Der Krieg ist verloren, sprengt euer Geschütz auf meiner Wiese und macht, dass ihr nachhause kommt.“ Das hatten sie dann auch getan und das gesprengte Geschütz lag noch Jahre auf unserer Wiese. Frauen aus dem Familienhaus [12] brachten Zivilkleidung, damit sie in diesem Wirrwahr untertauchen konnten.
So wurden vom „Weißen Berg“ durch di
e anrückenden Amerikaner nur einige wenige Schüsse auf Hermsdorf gefeuert. Als keine Gegenwehr kam zog der Feind an unserem Ort vorbei nach Bad Klosterlausnitz weiter. Die Infanterietruppe kam dann später durch den Zeitzgrund marschiert. An unserer Kreuzung hielten sie und einige Soldaten kamen zu uns herein und baten um etwas zu trinken. Das war unsere erste persönliche Begegnung mit dem so genannten Feind.
Am 13.04.1945 wurden wir amerikanisch besetztes Gebiet. Zettel wurden verteilt mit dem ersten Befehl, Krafträder, Fotoapparate, Schuss- und Stichwaffen abzugeben. Ausgang war von 8:00 bis 18:00 Uhr. In der anderen Zeit durfte niemand auf der Straße sein. In den nächsten Tagen rollten nun die Amis durch unseren Ort. Sie warfen Schokolade von den Autos und die Bevölkerung begrüßte sie mit Blumensträußen. Alle waren froh, dass für uns persönlich der Krieg zu Ende war. Es gab aber noch keinen Waffenstillstand. Unsere Soldaten mussten immer noch ihr Leben einsetzen, um das bisschen Heimaterde zu verteidigen. Viele starben dabei noch in den letzten Stunden.
Gearbeitet wurde bei uns nicht mehr. Alle waren in der Ausgangszeit auf den Straßen, um etwas zu erfahren. Wir hatten ja keinen Strom mehr und waren von der Welt abgeschnitten. Die Fremdarbeiter und Kriegsgefangene bekamen jetzt durch die Amis ihre Freiheit wieder. Sie plünderten die Geschäfte. Manchen war da etwas bange geworden. Die russischen Gefangenen führten sich am schlimmsten auf. Aber man konnte es ihnen ja gar nicht verdenken bei dem vielen Leid, was sie durch den Krieg erleben mussten.
Am 19.04.1945 bekamen wir einen Kommandanten und es kehrte wieder etwas Ordnung ein. Es wurden Schilder in fünf Sprachen angebracht: „Wer plündert wird erschossen!“ Und die Fremdarbeiter und Krieggefangenen mussten sich auch an die Sperrzeiten halten. Die Amis hatten jetzt den Ort besetzt und fuhren laufend Streife. Das war sehr beruhigend für unsere Leute und ich bekam das gute Gefühl, dass alles zu ertragen sein wird. Wir waren nur aufgehetzt und belogen worden.
Am 22.04.1945 bekamen wir wieder Strom und Wasser. Jetzt konnten wir wieder die Nachrichten hören. Das traurigste war, dass immer noch gekämpft wurde. Dabei reichten sich die Amis und die Russen in unserem Land bald die Hände.
Im Ort wurde eine neue Verwaltung gebildet, meistens alte Demokraten und vernünftige Personen. Die Gefangenen und Zwangsarbeiter wurden wieder in ihre Heimat zurückgeführt.
Es wurde auch Unterstützung gezahlt. Ich bekam nichts, weil ich noch ein Sparguthaben besaß.
08.05.1945 - nun war der Krieg zu Ende und endlich ruhten die Waffen. Wir hatten uns den Frieden etwas anders vorgestellt. Die vielen Opfer und alles nur wegen eines größenwahnsinnigen Machthabers. Wie verraten wir uns alle vorkamen. Hoffentlich würde die Menschheit nun schlauer und sich nicht wieder von fanatischen Politikern gegeneinander aufhetzen lassen.
Mit meinen Gedanken war ich immer bei meinen Mann. Lebte er noch? Würde er wieder heimkehren? Die Gedanken fanden keine Ruhe. Die einzige Freude war meine kleine Uta, und ich gab ihr die ganze Liebe und Zärtlichkeit nach der ich mich so sehnte.
In den Baracken am Bahndamm wurden Neger einquartiert. Abends spielten sie auf unserer Wiese ihren Ballsport. Die Uta und andere Kinder schauen zu und wurden mit Schokolade beschenkt. Es waren nicht die schlechtesten Menschen. Wie konnten wir uns nur so verhetzen lassen?
Am 28.05.1945 veranstalteten die Amis den ersten Tanznachmittag. Deutsche Mädels waren auch eingeladen, aber meistens gingen nur Polinnen und Russinnen hin.
Die Verdunkelung wurde wieder aufgehoben. An die Helligkeit auf den Straßen und Wohnungen musste man sich nach all den Jahren erst wieder gewöhnen. Die Eisenbahnen fuhr die ersten Holz- und Kohletransporte. Rote Kreuz Autos kamen und brachten Medikamente und die Gaststätten öffneten ihre Pforten. Jetzt wurden auch die verschleppten Russen abtransportiert. Die Bevölkerung musste für Kleidung und Decken sorgen. Das hatten diese armen Menschen auch dringend gebraucht, sie besaßen nur alte Wattejacken.
05.06.1945 - jetzt sah man laufend heimkehrende Soldaten auf den Straßen. Ich freute mich darüber, obwohl ich vielleicht einmal bis zuletzt warten musste. Aber das wollte ich, die Hauptsache mein Mann kommt wieder.
Auf der Autobahn kamen viele durchziehende Flüchtlinge aus dem Osten. Sie rissen alle wegen den Russen aus. Meistens waren es Frauen mit Kindern auf den Handwagen. Meine Mutter gab vielen Unterkunft und Bleibe, der Heuboden genügt ihnen ja schon. Auch konnten sie sich im Waschhaus gründlich waschen und eine warme Mahlzeit stand auch bereit. Es waren bedauernswerte Menschen, die ihren Besitz und ihre Heimat verloren hatten. Da konnten wir noch von einem großen Glück reden.
Unser Kränzel [13] traf sich jeden Tag, es gab immer viel Neues zu berichten. Plötzlich tauchte das Gerücht auf, der Ami zieht wieder ab. Thüringen würde von den Russen besetzt. Das hätten unsere Sieger so vereinbar. Da wurden wir ganz schön unruhig und es hieß abwarten.
Mein Bruder Herbert stand plötzlich vor der Tür. Wir waren alle ganz überglücklich und dem Schicksal sehr dankbar. Herbert war kurz in englische Gefangenschaft geraten, und konnte sich in die englische Zone, zu Onkel Ludwig nach Wuppertal entlassen lassen. Er wollte nur eine kurze Rast bei uns einlegen und da weiter. Kaum war er hier, da mussten wir erleben, wie die Amis an einem Vormittag abzogen und kurz darauf die Russen erschienen. Wir waren alle schockiert und für Herbert war es nicht mehr möglich zu seiner Familie nach Markranstädt zu reisen. Er wollte so schnell wie möglich in die englische Zone. Die Mutter packte ihm einen Rucksack mit Wäsche und Lebensmitteln und verlies uns abends. Wir hatten in dieser Nacht nur geweint und gebetet, dass er glücklich über die Grenze kommt. Er war zwar in eine russische Kontrolle geraten und seinen Rucksack mit all den schönen Sachen wurde er los. Aber sie ließen ihn laufen. Nach dieser Nachricht fiel uns allen ein Stein vom Herzen. Am 04.07.1945 wurden wir russisch besetzte Zone. Wir hatten wieder die ersten persönlichen Begegnungen mit ihnen. Es war ein regnerischer Tag. Plötzlich hielt an unserer Kreuzung [14] eine Autokolonne vollbesetzt mit Soldaten. Es kam ein ganz schlimmer Gewitterguss und sie sprangen von ihren offenen Karren zum Schutz in die Häuser. Unser Vorbau wurde vollbesetzt von ihnen. Ich nahm die Uta auf dem Arm und die Mutter öffnete die Haustür und bat sie zu uns herein. Sie lehnten aber ab. Nach einer Weile kam ein Soldat herein, besah sich sämtliche Zimmer und zeigte auf die große Stube mit der Bemerkung: „Mutter wir wollen hier essen.“. Mit den Händen zeigte er 10. Ich deckte den Tisch, so wie es sich für Gäste gehört, mit weißem Tafeltuch, mein tägliches Silberbesteck, gutem Porzellan, Gläser und wartete. Nach geraumer Zeit betraten 10 Männer in deutschen Soldatenregenumhängen das Haus. Als sie diese ablegten kamen hohe Offiziersränge mit vielen Orden zum Vorschein. Sie waren alle pudelnass und Mutter verteilte gleich Handtücher zum abtrocknen und zeigte in das Bad. Der Bursche schleppte das Essen und Trinken herein und wir wurden aufgefordert mitzuessen. Mit fünf Offizieren konnte ich mich gut in Deutsch unterhalten. Die anderen hörten mir zu. Sie wollten wissen, wie der Ami zu uns gewesen war. Als ich Ihnen sagte, dass wir keine Schwierigkeiten hatten, gaben sie mir zur Antwort: „Wir sind auch keine schlechten Menschen.“ Ihre Essenreste durften wir alle behalten. Der Bursche gab uns dann zu verstehen, dass sein Major und er hier schlafen. Die anderen Offiziere wurden in den Nachbarhäusern untergebracht. Mit dem Burschen hatte ich mich dann abends noch lange unterhalten. Er meinte, wenn sein Major bei uns einquartiert würde hätten wir es gut. Viel Essen, keine Frauen, kein Alkohol. Über den Krieg hatten wir uns auch ausgetauscht. Er warf mir vor, wir hätten alle geklatscht, als unsere Männer in Russland einmarschiert waren. Ja sehr schöne Soldaten, zurück nur Tode. Als ich ihm sagte, wir hätten nicht geklatscht, nur viel geweint, Krieg sei für alle Menschen nicht gut, waren wir uns einig. Er sagte uns noch, dass sie der Stab von der Armee wären, die Thüringen besetzt. Der Mutter trug er auf, wann sie ihn wecken sollte. Er sagte noch dass der Major gern Kirschen isst. Er hatte wohl unseren Kirschbaum am Haus gesehen. In der Nacht wurden wir von zwei Posten bewacht und konnten so eigentlich beruhigt schlafen. Am Morgen hatte die Mutter den Frühstückstisch gedeckt und eine große Schüssel Kirschen dazu getan. Mit dem Offizier wollte ich in ins Gespräch kommen und fragte ihn ob er deutsch spricht. Da sagte er nein, und ich sagte also doch. Da hat er nur gelächelt. Als wir nach ihrem Weggang den Tisch abräumten, lagen unter der Schüssel drei Hundertmarkscheine Alliiertengeld. Ich sagte dies hebe ich als Andenken auf. Dann stellte sich heraus, dass es für die nächste Zeit als Zahlungsmittel galt. Das hatte mir dann sehr geholfen. Ja, das war nun die erste Begegnung mit diesen „barbarischen Bestien“ wie man uns immer eingehämmert hatte. Hierzu muss ich noch sagen, dass jede persönliche Begegnung, die ich in meinem späteren Leben mit diesem Menschen hatte, mich nie enttäuschte. Keiner hatte mir Hass gezeigt oder den Sieger spüren lassen.
In unserem Ort begann wieder eine unruhige Zeit. Es wurde viel denunziert und es wurden Menschen verhaftet, mancher ist nie wiedergekommen. Es wurde auch viel Vieh abtransportiert. Die Not und der Hunger wurden immer größer. Es gab jetzt Lebensmittelzuteilungen. Wer nicht arbeitete bekam das Wenigste. Das Arbeitsdienstlager [15] war mit einer russischen Einheit belegt worden und Hermsdorf hatte einen Kommandanten bekommen. Der Zug fuhr dreimal am Tag und die Post wurde auch wieder ausgetragen. Die Russen begannen jetzt die Munition in der MUNA zu sprengen [16] . Jeden Tag wurde dies durch Fliegeralarm bekannt gegeben, und wir mussten sämtliche Fenster öffnen. Das zog sich über Wochen hin. Ein Glück, dass es damals nicht zur Sprengung kam. Da hätte in Hermsdorf kein Haus mehr gestanden.
Ich hoffte endlich etwas von meinem Mann zu hören und meldete mich beim Suchdienst vom Roten Kreuz [17] . Das einzige Glück war meine kleine Uta.
Unsere schönen Jugendjahre mussten wir diesen Krieg opfern, jetzt das ganze Elend und die ungewisse Zukunft vor Augen. Das qualvolle Warten, aber die Hauptsache Herrmann lebt und kommt wieder.
Nun ist es entschieden. Deutschland wird in vier Besatzungszonen aufgeteilt und wir würden in der russischen bleiben. Das hat uns alle sehr deprimiert und viele fassten in der Folge den Entschluss, die Heimat zu verlassen.


[1] Karl, Otto Steingrüber (Obstpächter) geb. 03.04.1887 Hermsdorf S.A. vertorben 29.08.1965 Hermsdorf

[2] Hermann Hillebrand (Kraftfahrer) Bobecker Weg 1 heute Beethovenstraße - siehe auch 17

[3] Fürstenberg liegt am südlichen Rand der Mecklenburgischen Seenplatte und wird vom Baalsee, dem Röbelinsee und dem Schwedtsee umschlossen. Die Havel durchfließt die Stadt in vier (früher drei) Läufen. Der südliche Schifffahrtskanal und der Iserdiek genannte nördliche Havellauf begrenzen das Große Werde, eine zentrale Insel, auf der die ursprüngliche Stadtsiedlung entstand.
Im Jahr 1938 wurde im Ortsteil Ravensbrück von der SS ein Frauen-Konzentrationslager (KZ Ravensbrück) errichtet. Später kamen ein Mädchenlager (KZ Uckermark) und ein Männerlager hinzu. Bis zur Befreiung am 30.04.1945 kamen hier etwa 20.000 bis 30.000 Menschen ums Leben.
In der DDR kam Fürstenberg in den 50er Jahren zum Kreis Gransee im Bezirk Potsdam. Fürstenberg war Standort der 2. Garde-Panzerarmee der sowjetischen Streitkräfte in Deutschland. 1958 stationierte die Sowjetunion hier für kurze Zeit zwei Abschussrampen mit sechs Nuklearraketen des Typs R-5M (NATO-Code: SS-3 Shyster). Nach der Wiedervereinigung Deutschlands zogen sich die Militäreinheiten 1994 in ihre Heimat zurück.

[4] Klara, Emma Steingrüber, geborene Gräfe

[5] Schneidemühl heute Pila (Polen) | 1380 - Gründung der Stadt Schneidemühl | 1513 - Stadtrecht“ | 1807 - Mit der Errichtung des Herzogtums Warschau kamen Schneidemühl und der Süden der späteren Grenzmark unter polnische Herrschaft. | 1815 - Stadt wurde mit Preußen wiedervereinigt. Die Einwohnerzahl war auf 1992 gesunken.  |1938 - Die Grenzmark Posen-Westpreußen wurde aufgelöst und Schneidemühl Sitz des Pommerschen Regierungsbezirkes „Grenzmark Posen-Westpreußen“ mit den Kreisen Schlochau, Flatow, Deutsch Krone, Arnswalde, Friedeberg, Neustettin, Dramburg und dem Netzekreis. | 11.08.1944 - Beginn des Baues von Panzergräben in den Wäldern am Ost- und Südrand von Schneidemühl. | 26.01.1945 - Es wurde mit dem überhasteten Abtransport der Zivilbevölkerung begonnen. Durch den Beschuss am 26.01.1945 durch russische Raketenwerfer „Stalinorgeln“ wurde es zu einer Katastrophe. | 31.01.1945 - Es gelang des Russen die „Festung Schneidemühl“ einzukesseln. 1939-1945 - Von den 45.791 Einwohnern der Stadt Schneidemühl sind 5262 gefallen und das Schicksal von weiteren 10 521 ist ungeklärt.

[6] Herbert Steingrüber, der Sohn von Otto und Emma Steingrüber, Bruder von Ilse

[7] Der Deutsche Volkssturm wurde von der nationalsozialistischen Regierung durch einen Führererlass vom 25.09.1944 einberufen, um die regulären Truppen der deutschen Wehrmacht zu verstärken. So sollten alle bislang noch nicht kämpfenden waffenfähigen Männer im Alter zwischen 16 und 60 Jahren eingezogen werden, um den Kernbereich des Deutschen Reiches zu verteidigen und so den deutschen "Endsieg" herbeizuführen. In den Plänen der nationalsozialistischen Regierung unter Adolf Hitler war eine Rekrutierung von sechs Millionen Männern angestrebt.

[8] Anfang April 1945 - Zerstörung des E-Werkes und damit Ausfall der Wasseranlage Warnsdorf, von der Hermsdorf versorgt wurde. Durch das fehlende Löschwasser konnten am 09.04.1945 nach den Bombenangriffen auf Hermsdorf die Brände nur eingeschränkt bekämpft werden, so dass z.B. auch die Schule ausbrannte.


[9] Luftwaffen Munitionsanstalt zwischen Bad Klosterlausnitz - Tautenhain - Oberndorf und Hermsdorf gelegen. Dort lagerten enorme Mengen an Munition aller Art für die Wehrmacht, Luftwaffe und Marine. Die später erfolgte Sprengung durch die Russen erfolgte unqualifiziert, die größten Teile der Munition wurden dabei über große Flächen verteilt, deren Beräumung sich über Jahrzehnte hinzog und auch im Jahr 2006 noch nicht abgeschlossen ist.
[10] Gemeint ist die Brücke über die Bahnlinie in der Naumburger Straße.

[11] Otto Steingrüber (Vater), Ilse Ziermann (Tochter), Paul Koschnitzki (Leitermacher), Emil Gerth (Oberpostschaffner) und Otto Plötner „Issel“ (Lagerhalter Konsumverein)

[12] Das „Familienhaus“ befand sich an der Naumburger Straße, unmittelbar an der Bahnlinie. Es wurde mit Bau der Porzellanfabrik 1890 errichtet und diente als Wohnhaus für Porzellanwerkarbeiter. Es wurde als eines der ersten Häuser im Zusammenhang mit der Erweiterung der ehemaligen Keramischen Werke Hermsdorf abgerissen. Auf diese Stelle wurde später das im Jahr 2006 abgerissene Kraftwerk erbaut.

[13] Kranz - Verkleinerung Kränzel - Zusammenkunft bei Kaffee und Kuchen, auch Plauderstunde

[14] Bobecker Weg (heute Beethoven Straße) und Naumburger Straße

[15] Reichsarbeitsdienst Abt. 2 / 230 Hermsdorf   “Wiprecht v. Groitzsch“ Gau 25 Thüringen, Gruppe 230 Gera. - Das Arbeitsdienstlager befand sich auf dem Gelände des heutigen Werner-Seelenbinder-Sportplatzes und der gleichnamigen Straße. In den 1930-er Jahren erbauten sich die Arbeitersportler dort einen Sportplatz, die durch die Nationalsozialisten nach Verbot des Arbeitersportbundes zum Arbeitsdienstlager umgebaut wurde. 1945 begann der Umbau zum Sportplatz und zog sich hin bis zum 27.08.1950. Eine der ehemaligen Hallen des Arbeitsdienstlagers wurde abgebaut und am Sportplatz Oberndorf wieder aufgestellt. Dort steht sie heute noch als Vereinsheim.

[16] Siehe auch Punkt 7 - Nach Augenzeugenberichten waren die Druckwellen der Sprengungen so gewaltig, dass man diese noch in der Schulstraße am Himmel, an den Wolken entlanglaufend, sehen konnte.

[17] Der Ehemann Hermann Hillebrand kam 1945 in englische Kriegsgefangenschaft, in das ehemalige Konzentrationslager Börgermoor bei Papenburg im Emsland (In diesen Konzentrationslager entstand das Lied „Wir sind die Morrsoldaten“ Text: Wolfgang Langhoff und Johann Esser Melodie: Rudi Goguel später von Hanns Eisler und Ernst Busch nachbearbeitet).
Nach erfolgter Überprüfung (bei der keine belastenden Fakten bestanden) wegen seiner Zugehörigkeit zu SS wurde Hermann Hillebrand im September 1946 aus der Kriegsgefangenschaft nach Hermsdorf entlassen.


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