Zur "ULRIKE AM NAGEL" Geschichte aus meiner Sicht

Aufgeschrieben von Ulf Steinhauer
Fotos: Prof. Dr. rer. nat. Johannes Waldmann
 

Meine musikalische Karriere begann im Jahre 1986. Mit einem grandiosen Streit zwischen mir und meinem Vater, der mich auf keinen Fall mit dem Auto zum Bahnhof bringen wollte, der mehrere Kilometer entfernt war (Kirchenholzsiedlung-Bahnhof). Schreiend, ihn verteufelnd, und wild fluchend rannte ich aus dem Haus und ging meiner Bestimmung nach. Ich wollte, ich musste nach Leipzig, zu meiner ersten richtigen Probe, bei einer richtigen Band, die Heavy Metal spielten und „Victime“ hießen.
Ein Jahr später lernte ich Tom Bermig kennen, der Schlagzeug bei den „Ugly Hurones“ spielte. Die hatten zwar einen Bassisten, der war aber auf bestem Wege ein Naziskin zu werden und da hatten die wohl keinen Bock drauf, warfen ihn kurzer Hand hinaus und ich hatte den Job. „Ugly Hurones“ - eine Fun-Punk-Kapelle, die sich dem gemeinen, deutschsprachigen Melodie- und Rhythmuspunk, oder, wie wir selber sagten, dem Brutalo-Schlager, widmete. Es gab noch eine andere recht erfolgreiche Band in Hermsdorf: „Ulrike am Nagel“. Diese spielte Hardcore, irgend etwas zwischen schnellem Punk und Metal. Das interessierte mich auch und ein Jahr später, da ihr Bassist gerade keinen Bock mehr hatte, bzw. sie keinen mehr auf ihn, oder beides, gab ich meine Bewerbungsmappe ab und wurde genommen. Jetzt spielte ich bei zwei Bands. Ich brachte meine persönliche Note ein, die das ganze viel rockiger und exakter werden ließ. Wir hatten schnell Erfolg - im damaligen Rahmen für eine Ostband - was auch an den guten HC- Konektion von Peter Winkler lag. Wir spielten anfangs ein bis drei Konzerte im Monat, die aber nach einem Jahr auf fünf bis sechs anstiegen.
Der Schlagzeuger Gunnar Klötzner zog nach Berlin und Michael Schlichter, der bei „Rest in Pain" aus Lippersdorf trommelte, nahm seinen Platz ein. Ich musste mich zwischen „Ugly Hurones“ und „Ulrike am Nagel“ entscheiden, da die Zeit für beide gut gehende Projekte nicht mehr reichte. Somit gab ich die Ugly´s auf, deren Schicksal damit besiegelt war. „Ulrike am Nagel“ ging ins Studio nach Berlin und nahm eine Single auf, die aber dann als Kassette erschien (Beer is Murder), da der Produzent nicht mehr auffindbar war.
Dann wurde noch der zweite Gittarist Ronny Trommer gefeuert und ein Jahr später, nach diversen Auftritten in der ganzen Republik, Interviews in HC Fancines und Bekanntschaftserweiterungen, bei dem wir auch unseren späteren Manager kennen lernten, kam es zur Aufnahme unseres ersten und einzigen richtigen Albums „ultra abonominable nonsens". Peter Winkler Gesang, Marcel Wicher Gitarre, Micha Schlagzeug und ich Bass. In Bayern, in einem kleinen Bauernhaus, inmitten von Kuherden und „Schweinehachsen mit Sauerkraut-Gaststätten". Wir dachten es wird der Knüller, erregte aber soweit ich weiß, nicht viel Aufsehen. Das lag an verschiedenen Sachen, die ich hier nicht weiter ausführen kann. Es lief etwa ein Jahr soweit ganz gut, bis sich die HC-Szene zu verschärfen begann und extreme, meiner Meinung nach linksfaschistoide Züge annahm. Das ging soweit, dass wir bei einem Auftritt fast verprügelt wurden und ein Rundschreiben gegen uns aufgesetzt, das von AJZ zu AJZ gesandt wurde, um uns damit jegliche Auftrittsmöglichkeit in den HC-Clubs zu nehmen. Anlass war ein Plastikdildo, den sich Peter aus Spaß über das Sendermikrofon schob und weiter sang. Keiner weiß woher der Dildo kam, er war plötzlich da, wahrscheinlich sogar aus dem besetzten Haus in Potsdam in dem wir gastierten. Zwei Feministinnen störten sich so sehr daran, dass sie uns in eine hektische Diskussion drängten, bei der wir wohl schlecht aus sahen und das Konzert abgebrochen werden musste. Bald darauf ergab sich eine andere Geschichte. Ein Ex-Nazi (dessen Name ich nicht nennen möchte) und in der Szene als schwerer Junge bekannt, hatte kein Bock mehr auf die Nazikacke und wollte nur noch Musik machen. Ich lernte ihn über Marcel, der ihn aus Gera kannte kennen und er interessierte mich, da ich ihn von früheren tätlichen Auseinandersetzungen zwischen Punks und Skins erkannte. Wir verstanden uns gut, obwohl ich anfangs skeptisch war, ob das alles mit rechten Dingen zu geht. Er wollte um jeden Preis Bass spielen lernen. Seine Band hieß „Oithanasi". Ich machte ihn auf die Geschmacklosigkeit des Namens aufmerksam und erzählte dem wohl etwas Verwirrten, der es nicht gewohnt war Kritik entgegen zu nehmen, etwas ausführlicher über die Bedeutung dieses Namens und meine Ansichten als linker Autonomen - Sympathisant und frei denkender junger Mensch. Er nahm es dankbar auf und versprach ein „besserer Mensch" zu werden. Er hatte später eine Freundin, die zur linken Szene gehört. Wir wollten ihm eine Chance geben, ihn sozusagen resozialisieren. Er hatte es nicht leicht, einerseits gejagt von den rechten und nur durch seine Statur - er ist ein Riesenmensch- vor dem sicheren Krankenhausaufenthalt geschützt, andererseits nicht
akzeptiert, sogar gehasst wegen früherer Delikte von den Linken. Ich gebe zu wir waren damals etwas Blauäugig, doch bekannt als radikale linksgerichtete
Hermsdorfer dachten wir das geht schon in Ordnung. Bis zu dem Tag, als wir bei einem Open Air Konzert seinetwegen mit Flaschen und Unrat beschmissen
wurden. Ihm tat es sehr leid, er schämte sich dafür, doch keiner konnte etwas dagegen tun. Das und die Verhärtung der Szene an sich, die immer mehr unter Dogmen zu leiden begann, bei der jeglicher Spaß auf der Strecke blieb und alles nur noch fanatisch politisiert wurde, waren dann ausschlaggebend für den Abschied von UAN aus der HC Szene und für Peter und Micha auch der Abschied von der Musik auf der Bühne überhaupt. Ich habe danach weitergemacht und spiele heute bei den Los Banditos. Es macht unglaublich viel Spaß und ich bereue nichts und verdiene sogar soviel Geld damit, das ich am Leben bleibe und darum geht es doch.

 

UAN Tape 1
UAN Tape 1

UAN Tape 1
UAN Tape 1

Ugly Hurons Tape
Ugly Hurons Tape

Ugly Hurons Tape
Ugly Hurons Tape

UAN Tape
UAN Tape

Ugly Hurons Poster
Ugly Hurons Poster

Ugly Hurons Tape
Ugly Hurons Tape