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Oftmals bot sich in der GST die einzige Möglichkeit, bestimmte Sportarten (zum Beispiel Segelfliegen, Motorfliegen, Schießsport, Tauchsport) legal auszuüben. Hintergrund bildete u. a. hier die Grund- und Laufbahnausbildung (2 Jahre) zur Vorbereitung auf den Wehrdienst in Speziallaufbahnen oder als Offizier der NVA. Die überwiegende Mehrheit der Mitglieder war an einem freiwillig verlängerten Militärdienst eher desinteressiert.
Ein interessanter Teil der Freizeitbeschäftigung war zum Beispiel auch der Modellsport. Beim Modellsportverband (MSV) der GST in der DDR wurde unterschieden in den
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Flugmodellsport
- Schiffsmodellsport (nicht in Hermsdorf)
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Automodellsport (nicht in Hermsdorf)
Schießsport gab es in Hermsdorf ebenfalls, dazu wurde ein eigener Schießstand am Felsenkeller errichtet.
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Erlebnisbericht Andreas Bauer zum
GST-Flugmodellsport in Hermsdorf
Der Unterschied zwischen den Sektionen Segelflug und Flugmodellsport war, wir
selbst blieben am Boden nur unsere Modelle flogen. [Bemerkung: Diese Sportart war für die Obrigkeit der ehemaligen DDR ungefährlich,
mit den Modellen konnte man nicht die DDR verlassen.]
Unsere kleine Sektion in Hermsdorf war auf
Bezirksebene in den Freiflugklassen (d. h. ohne Fernsteuerung) sehr
erfolgreich. Das war richtiger Wettkampfsport. Ich glaube auch ein DDR-Meister
kam aus unserer Sektion. Der Sitz unserer Sektion war in Hermsdorf. Unser
Stützpunkt befand sich bis 1978 in der Goethestraße, gegenüber dem Hescho
- Konsum. Heute steht dort das Geschäfts- und Ärztehaus. [Bemerkung: Um 1968 wurde daneben der Hescho - Gemüsekonsum errichtet. Im Objekt
befand sich die gesamte GST-Grundorganisation Hermsdorfs.] Es war ein ganz erbärmlicher Schuppen. Dort lebten
Mäuse, es regnete an manchen Stellen rein und im Winter konnte nur mit einem
riesigen Elektroheizlüfter geheizt werden. Danach zogen wir in ein altes Bauerngrundstück,
das letzte Haus links auf der Straße nach Oberndorf, vor der Einfahrt zum
Freibad, gegenüber von Möpsis Waschanlage. Die
Räume dort waren besser, wurden aber auch nur mit wenig Mitteln renoviert worden. [Bemerkung: Es handelt sich um das ehemalige Anwesen von „Grunerts Bäcker“. Das
Objekt wurde 1978 von den Keramischen Werken Hermsdorf käuflich erworben.
Nach der Wende zurückgekauft befindet es sich heute im Besitz des
Verkehrsunternehmen Andreas Schröder.]
Anfangs stand unsere Sektion einen eigener LKW "S 4000" zur Verfügung.
Mit diesem fuhren wir auf der Ladefläche zu Wettkämpfen. Da dieser immer zur
Verfügung stand, konnten wir aber auch bei schönem Wetter zu den normalen Ausbildungszeiten
(d. h. wochentags), an denen normalerweise nur in der Werkstatt gebaut wurde,
zum Training - sprich fliegen - auf „Kühns Höhe“ fahren. Da der "S
4000" mit Benzin fuhr, wurde er jedoch außer Dienst
gestellt und wir mussten einen W50 (Diesel) aus der Fahrschulausbildung nutzen.
Dieser stand wochentags nie zur Verfügung und auch an den Wochenenden waren
lange Voranmeldungen nötig.
Bei Material und Technik half die KWH so gut es ging aus (unsere "Ausbilder"
waren aus dem Werkzeugbau und der Konstruktion). Besonders knapp waren
Balsaholz (da Import) und feinmechanische Teile. Aber es reichte immer gerade
so, da wurde eben gespart und repariert,
typisch DDR eben. Beim Bauen der Modelle wurde sehr großer Wert auf präzise und
qualitativ hochwertige Arbeit gelegt. Wer mit Ernst dabei war, hat unheimlich
viel handwerkliche Fähigkeiten erworben. Man lernte dabei ganz nebenbei
technisch interessierte Leute kennen und konnte auch außerhalb des
Flugmodellsports voneinander profitieren (z. B. Motorrad
schrauben o.ä.).
Die Wettkämpfe fanden meist auf "Kühns Höhe", in Zimmern (bei
Dornburg) in Gera - Leumnitz und in Rudolstadt statt. Man flog in 5 Durchgängen
darum, welches Modell am längsten (höchstens jedoch 180s, bei den Schülern
120s) in der Luft war. Die Zeiten schaffte man nur, wenn man das richtige Gespür
hatte und Thermik erwischte. Gestartet wurde in unserer Klasse mit 50 m
Angelsehne. Nach den 180 s bzw. 120 s brachte eine Zeitschaltuhr
(oder wenn diese Knapp waren eine Lunte) das Flugzeug zur Landung. Dann hieß es
hinterherlaufen und das Modell zurückholen. Je nach Windstärke konnten das
einige Kilometer sein. Und trödeln konnte man nicht, da man nach einer Stunde
im nächsten Durchgang wieder dran war. Jede Sekunde war ein Punkt, wer nach 5
Durchgängen die meisten Punkte hatte, war Sieger des Wettkampfes. Es ging um
Pokale, Meisterschaften oder einfach nur eine Urkunde von ausrichtenden Verein.
Jeder Modellflieger hatte eine Lizenznummer. Die hießen DDR-N-XXX (früher
DM-N-XXX) wobei XXX eine Zahl war. Zu jeder Lizenz gab es einen
Modellfliegerausweis. Dort wurden alle Wettkampfergebnisse eingetragen. Hatte
man jeweils eine gewisse Anzahl erfolgreicher Wettkämpfe, gab es
Fliegerabzeichen in verschiedenen Stufen (Bronze, Silber, Gold, Gold mit
Diamanten etc.).
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