24.11.1979 - Mordopfer aus Berlin (West) bei Hermsdorf aufgefunden

 

Ein spektakulärer Kriminalfall wurde am 24.11.1979, 08:20 Uhr im Holzland festgestellt. Ein Gruppe Jäger wollte im Waldgebiet, in der Nähe der Abfahrt Hermsdorf - Klosterlausnitz, eine Ansitz-Drückjagd durchführen. Bei der Aufstellung zur Jagd entdeckte der verantwortliche Jagdleiter eine Brandstelle auf einem Waldweg und erkannte darin menschliche Überreste. Die Stelle wurde sofort weiträumig abgesichert.

Umfangreiche Spurensicherungen und Untersuchungen begannen.
Zunächst muss gesagt werden, dass die Spurensicherungen zur damaligen Zeit (1979) sehr weit von den heutigen Mitteln und Möglichkeiten entfernt waren (zum Beispiel gab es noch keine DNA). Trotzdem muss insgesamt eingeschätzt werden, dass die Spurensicherung am Tatort extrem gut war. Zum Beispiel wurden größere Fahrzeugspuren gesichert. Hierbei kam nicht nur Gips aus dem Kombinates VEB Keramische Werke Hermsdorf zur Anwendung, sondern zur Stabilisierung der langen Spuren auch Keramikstangen aus dem Betrieb. Den gesicherten Reifenspuren konnte einem PKW - Typ "Ford" zugeordnet werden.

Den Gerichtsmedizinern des Gerichtsmedizinischen Institutes der Friedrich Schiller Universität Jena gelang es, aus den Brandresten umfangreiche Spuren zu sichern:

- die Blutgruppe des Opfers,
- Teilabdrücke der Hand,
- der Zahnstatus,
- das Gesicht des Opfers konnte rekonstruiert werden,
- Angaben zur Bekleidung des Opfers,
- der benutzte Transportkoffer konnte bestimmt werden,
- Haare und die Rasse eines Hundes wurden ermittelt.

Sehr schnell wurde den Ermittlungen klar, dass das Opfer kein DDR - Bürger war und die Tat im Zusammenhang mit der damaligen Transitstrecke (Autobahn A 9 Berlin - München) stehen musste. Entsprechend gestaltete sich der Informationsaustausch zwischen DDR - BRD - Berlin (West).

In einer tagelangen Aktion wurden damals alle Fahrzeugführer an der Straße von und aus Richtung Jena angehalten und die Insassen befragt. Außerdem erging ein Presseaufruf.

Hilfeersuchen

Aus dieser Maßnahme konnten Zeugen gefunden werden, die an der Fundstelle der Leiche bereits am 21.11.1979, zwischen 21:50 bis 22:10 Uhr, ein Feuer gesehen hatten, dort aber Waldarbeiter vermuteten. Damit konnte die Ablage- und Brandzeit festgelegt werden.

In diese Untersuchungen war die damalige Untersuchungsabteilung (Abt. IX) der Bezirksverwaltung MfS Gera von Beginn an involviert. Dies geschah grundsätzlich bei schweren Strataten aller Art. Auf Grund deren Auswertungen von Vermisstenmeldungen von Sendern der Bundesrepublik und der Auswertung der Transitvisa konnte dann relativ schnell zwei Transitreisende (ein Ehepaar) als mögliche Verdächtige herausgefiltert wurden. Beide waren am 21.11.1979 von Berlin (West) eingereist, benutzten die Transitstrecke bis Hirschberg und reisten - kaum eine Stunde später - wieder zurück nach Berlin.

In einer für damalige Verhältnisse beispielhaften Zusammenarbeit zwischen Ermittlungsbehörden Ost und West konnte diese Straftat schnell geklärt werden. Das Gutachten der Gerichtsmedizin Jena bescheinigte als Todesursache stumpfe Gewalt durch mehrfache Schläge auf den Kopf. Der genaue Tatzeitpunkt konnte auf Grund der starken Verbrennungen nicht festgelegt werden. Die späteren Ermittlungen in Berlin bestätigten den 21.11.1979 als Tatzeitpunkt.

Bei dem Opfer handelte es sich um den Gastwirt Hans-Wolf Sch. aus Berlin (West). Täter waren das Ehepaar Petra und Rainer R., ehemalige DDR-Bürger, die nach Westberlin übergesiedelt waren. Beide besaßen in Berlin-Kreuzberg das Café "Viktoria" und boten dieses in der Presse an. Das spätere Opfer hatte Interesse gezeigt und für den Kauf 5.000,- DM gezahlt und weitere 20.000,- DM als Beweis für seine Zahlungsfähigkeit hinterlegt. Nach einiger Zeit trat er jedoch vom Kaufinteresse zurück und verlangte sein Geld wieder. Die Täter übergaben ihm einen ungedeckten Scheck. Das Täterpaar alkoholisierte das spätere Opfer. Nach der Festnahme beschuldigten sich beide gegenseitig:

- der Ehemann habe mehrfach mit der Faust geschlagen,
-
von der Ehefrau sei das Opfer mit einer Sektflasche auf den Kopf geschlagen wurden.

Gemeinsam brachten beide das Opfer, welches sie in ein großen Koffer gesteckt hatten mit einem Leihwagen auf die Transitstrecke. An der Autobahnabfahrt Hermsdorf -Klosterlausnitz fuhren sie von der Autobahn ab. Am späteren Fundort, ca. 300 Meter hinter der Abfahrt, zündeten sie den Koffer mit Benzin an und fuhren, nachdem sie sich überzeugt hatten, dass er brannte, weiter nach Hirschberg.

Beide wurden im Dezember 1979 in Westberlin verhaftet. Die Staatsanwaltschaft erhob Anklage wegen gemeinschaftlichen Mord. Dieser Anklage folgte das Gericht nicht. Die Kammer verhängte gegen den damals 24jährigen Angeklagten wegen gemeinschaftlich versuchten Diebstahls, gemeinschaftlicher Unterschlagung und Körperverletzung mit fahrlässig herbeigeführter Todesfolge eine Freiheitsstrafe von sechseinhalb Jahren. Die gleichaltrige Angeklagte wurde wegen gemeinschaftlich versuchten Diebstahls, gemeinschaftlicher Unterschlagung auf eineinhalb Jahre Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt.

Nicht unerwähnt soll bleiben, dass der verurteilte Täter am 11.06.1981 seine kranke Mutter in Berlin - Schöneberg besuchen durfte. Aus der Haftanstalt Tegel wurde er in Bekleidung eines Justizbeamten und eines Gefängnispfarrers zu seiner Mutter gebracht. Fast war die Besuchszeit zu Ende sagte er: "Ich muss mal eben auf Toilette!" was ihm ohne Aufsicht gewährt wurde, nutzte er diesen Umstand zur Flucht.
Er wurde später wieder verhaftet.

 
Der Vorgang wurde damals in der Presse in Berlin (West) umfangreich dargestellt.
Beigefügt sind 19 Artikel vom 20.11.1979 bis 11.06.1981 verschiedener Zeitungen aus Berlin.

Presseberichte