Luigi
Galvani wollte ursprünglich Theologie studieren. Seine Familie jedoch
zwang ihn zu einem Medizinstudium in seiner Heimatstadt. 1772 wurde er
Präsident der Akademie der Wissenschaften zu Bologna. 1775 folgte
die Berufung zum Professor an der dortigen Universität. 1780 entdeckte
er die Kontraktion präparierter Froschmuskeln beim Überschlag
elektrischer Funken. Galvani beurteilte dieses Phänomen als tierische
Elektrizität und schloss daraus spekulativ, dass Elektrizität
die Lebenskraft bewirke. Dies gab Anlass für Spekulationen über
die "Lebenskraft" und führte zur Entwicklung des Galvanismus.
1786 zeigte er, dass dieser Effekt auch auftritt, wenn der Muskel lediglich
mit zwei verschiedenen, miteinander verbundenen Metallen in Kontakt gebracht
wird. Seine Entdeckungen veröffentlichte er 1791 in seiner Schrift
"Über die Kräfte der Elektrizität". 1797 annektierte
Napoleon Norditalien. Galvani lehnte es ab, ihn als Herrscher anzuerkennen
und wurde deshalb von seinen Ämtern suspendiert.
Nach Galvanis Tod
am 4. Dezember 1798 führte Volta dessen Experimente weiter und fand
das Prinzip der Batterie. Zur Erinnerung an Galvani wird heute die Gesamtheit
der elektromagnetischen Erscheinungen, die auftreten, wenn sich verschiedenartige
Stoffe berühren Galvanismus genannt. |
Die Frösche des Dr. Galvani
Es fing damit an, dass der italienische Mediziner Luigi Galvani aus Bologna
(1737-1798) am 6. November 1789 in seinem Laboratorium mit seinen Assistenten
Versuche mit einer starken Reibungselektrisiermaschine machte. Frau Galvani,
die - wie die meisten Italiener - gern in Fett gesottene Froschkeulen ass,
war krank und sollte zur Stärkung ein Brühe aus Froschkeulen trinken.
Galvani als aufmerksamer Gatte besorgte sofort eine Anzahl Frösche
und bereitete sie in seinem Arbeitszimmer zu: Er trennte die Schenkel zusammen
mit einem kleinen Teil des Rückens vom Rumpf und zog die Haut ab. Die
Nerven, die mit dem kurzen Stück Rückgrat noch verbunden waren,
legte er dabei bloss; als Arzt und Professor der Anatomie machte er das
schnell und geschickt. Die Assistenten erzeugten am anderen Ende des Tisches
mit der Elektrisiermaschine lange Funken. Plötzlich ein Schrei: "Da,
der Frosch lebt ja!" Was war geschehen. Galvani hatte die Schenkelnerven
eines präparierten Frosches mit einem Messer berührt und dabei
die Klinge angefasst; ohne es zu bemerken, war er also mit den Nerven elektrisch
verbunden. Der Zufall wollte es, dass zur selben Zeit ein Mitarbeiter die
Elektisiermaschine auf demselben Tisch drehte und einen langen Funken zog.
Im selben Augenblick "zogen sich alle Muskeln an den Gelenken des Frosches
wiederholt derartig zusammen, als wären sie von heftigen Krämpfen
befallen", schreibt Galvani im Jahre darauf in seinem Werk "De
viribus electricitatis in motu musculari commenstarisus" ("Beschreibung
der elektrischen Kräfte der Muskelbewegung").
Das war ein geschichtlicher Augenblick in der Entwicklung der Naturwissenschaft.
Galvani wusste zwar noch nicht, aber er sah das Neue, das Unbekannte; nach
dem "Sich-wundern" begann der Forscher folgerichtig mit dem systematischen
Beobachten.
Mit der Elektrizität musste die neue Sache zu tun haben. Hielt Galvani
das Messer an den Froschnerv, ohne dass die Elektrisiermaschine Funken gab,
so geschah nichts. Gab sie aber Funken und Galvanis Hand war nicht durch
Anfassen der Klinge oder durch die eiserne Niete, mit denen der beinerne
Messergriff befestigt war, so tat sich ebenfalls nichts.
Von der Reibungselektrizität wussten die Gelehrten damals schon eine
ganze Menge; sie kannten auch den Unterschied zwischen elektrischen Leitern
und Nichtleitern. Mit Hilfe von Metallen und durch den menschlichen Körper
konnte man die elektrische Ladung einer Elektrisiermaschine fortleiten;
mit Glas, Porzellan, Gummi, Harz, Steinen oder trockenem Holz ging das nicht
- und offenbar nicht mit dem beinernen Griff des Messers.
Galvani versuchte das alles; er berührte (während Funken erzeugt
wurden) die Nerven des Frosches mit einem Glasstäbchen und dann wieder
mit einem Eisenstab. Das Ergebnis blieb das gleiche: Die eine Voraussetzung
war, dass eine Elektrisiermaschine in der Nähe als besondere Elektrizitätsquelle
die wirksamen Funken lieferte; die andere dass Galvani mit dem Messer den
Froschschenkelnerv berührte, also eine Antenne darstellte, mit der
die von der Elektrisiermaschiene ausgehende elektrischen Schwingungen aufgefangen
wurden. Diese erzeugten im Froschschenkel einen elektrischen Strom, der
die Zuckungen hervorrief. Eine verwickelte und noch lange Jahrzehnte hindurch
ganz unerklärliche Erscheinung; erst 1888 entdeckte der deutsche Physiker
Heinrich Hertz die elektrischen Wellen. Es war gut, dass Galvani sehr bald
lernte, die Zuckungen des Froschschenkels mit Hilfe zweier verschiedener
Metalle zu erzeugen; auf diesem Wege konnte die frühe Forschung folgerichtig
weitergehen und zur Entdeckung der strömendne Elektrizität führen.
Dass die Funken einer Elektrisiermaschine und die Blitze beim Gewitter eng
miteinander verwandt waren, wusste man schon. Benjamin Franklin, nordamerikanischer
Staatsmann und Physiker (1706-1790), hatte sich mit den natürlichen
elektrischen Entladungen bei Gewittern beschäftigt und 1750 den Blitzableiter
erfunden. Er hatte auch den Unterschied zwischen positiver und negativer
Elektrizität entdeckt und den elektrischen Kondensator erfunden, in
dem man die elektrische Ladung speichern kann.
Galvani konnte als Forscher vergleichen und folgern. Er kam sehr bald auf
den Gedanken, an Stelle der Funken seiner Elektrisiermaschine den Blitz
zu benutzen. Ein kühnes Unterfangen, denn er musste nun eine Art Blitzableiter
bauen! Um es vorwegzunehmen: Es ist nichts schlimmes geschehen. Etwas Glück
gehört auch zum Forschen!
Galvani spannte oben an seinem Hause eine Eisendraht aus und isolierte ihn
gegen die Befestigungsstellen. An diesem Draht hängte er die Froschschenkel
an ihren Nerven mit Hilfe von Messinghaken auf. Die Füsse der Frösche
verband er durch einen weiteren Eisendraht mit der Erde; dieser Draht reichte
bis in das Wasser eines Brunnens. Technisch war das nicht leicht, weil der
Erdleitungsdraht mit seinem Gewicht nicht die Froschschenkel abreissen durfte.
Galvani war jedoch ein geübter Experimentator mit einer geschickten
Hand; er baute den Versuch ohne nennenswerte Schwierigkeiten auf.
Das Experiment gelang. Jedesmal wenn ein Blitzt aufleuchtete, gerieten die
Froschmuskeln im selben Augenblick in wiederholte heftige Zuckungen; der
Donner kam je nach der Entfernung des Gewitters später an.
Zum Arbeitszimmer Galvanis gehörte ein Balkon mit einem Eisengitter.
Auf diesem Balkon stand Galvni, als er seinen Eisendraht anbrachte. Ehe
er die Froschschenkel mit den Messinghaken am Eisendraht befestigte, hängte
er sie an das Eisengitter des Balkons, um sie sofort zur Hand zu haben.
Die Messinghaken waren am Rückgrat der Frösche befestigt, also
an den Nerven. Und nun zeigte sich die zweite überraschende Wirkung:
Sooft ein Schenkel das Eisengitter berührte, zogen sich die Muskeln
zusammen, so wie Galvani das vorher schon auf dem Tisch im Arbeitszimmer
beobachtet hatte. Die gleiche Erscheinung - aber jetzt unter anderen Bedingungen;
keine Elektrisiermaschine war in Betrieb, kein Gewitter weit und breit,
also kein elektrischer Einfluss von aussen.
Diese Beobachtung, so sagte sich Galvani, hängt sicherlich mit den
früheren Versuchen zusammen; aber sie zeigte zugleich, etwas Neues.
Er beobachtete weiter, dass viele Tage stundenlang vor Froschschenkeln am
Balkongitter und wartete auf die Bewegung der Muskeln. Sie zeigte sich aber
nur selten und ganz unregelmässig. (Sie zuckten immer, wenn der Wind
die Froschschenkel an das Eisengitter schlagen liess und dadurch den "Stromkreis"
Messing-Froschschenkel-Eisengitter bildete!) Galvani fand den Grund nicht
und wurde schliesslich ärgerlich; er drückte endlich, um noch
ein Letztes zu versuchen, die Froschschenkel an das Eisengitter. Da zuckten
die Schenkel plötzlich häufig und stark! Den Gedanken, die Luftelektrizität
sie daran schuld, schob Galvani bald beiseite, denn er hatte ja selber die
Zuckungen ausgelöst. Die Beobachtung ergab statt dessen eindeutig,
dass die Schenkel zwischen zwei verschiedenen miteinander verbundenen Metallen
liegen mussten, wenn die Zuckungen eintreten sollten.
|
Galvani
hatte damit die Urform des Galvanischen Elements entdeckt und den ersten
fliessenden Strom erzeugt. Das eigenartige war, dass der Froschschenkel
nicht nur ein Bestandteil dieses stromerzeugenden "Elements" war,
sondern den elektrischen Strom durch die Zuckungen zugleich anzeigte. Beides
musste zusammentreffen, damit Galvani seine Entdeckungen machen konnte.
Der Entdecker kannte jetzt nur noch eine Aufgabe, weitere Beobachtungen
zu machen, die wirkende Kraft und ihr Gesetz zu finden. Er übertrug
folgerichtig die Erkenntnisse des Balkonversuches auf eine Versuchsanordnung
in seinem Arbeitszimmer. Er legte die Froschschenkel auf eine Eisenplatte
(an Stelle des Eisengitters) und berührte mit dem einen Ende des Messinghakens
die Platte und mit dem anderen die Froschnerven. Wieder waren die Zuckungen
da.
Nun folgten viele systematische Experimente mit verschiedenen Werkstoffen,
mit Metallen und Nichtleitern; es blieb bei der Beobachtung, dass zwei verschiedene
Metalle Nerv und Fuss (oder Schenkelmuskel) berühren mussten, um Zuckungen
hervorzurufen. Dabei war die Stärke der Bewegung abhängig von
der Art der Metalle. Nichtleiter liessen keine Bewegung auftreten. Schliesslich
legte Galvani eine Silberplatte auf seinen Experimentiertisch und verband
seinen Messingdraht mit Platte und Froschnerv. Dabei hielt er seine Schenkel
mit den Fingern so hoch, dass der andere mit dem Fuss gerade die Silberplatte
berührte. Sofort zogen sich die Muskeln zusammen, und der Kontakt wurde
unterbrochen. Dadurch entspannten sich die Muskeln wieder; der Fuss berührte
erneut die Platte - und das Spiel begann von neuem. (Wir werden dabei an
unsere Hausklingel erinnert.) |