Evangelisch-Lutherische Kirchgemeinde St. Salvator |
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Autor:
Wolfram Göbel, Fotos und Ergänzungen: Stefan Lechner |
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Anders
als die großen Dome, Münster und Stiftskirchen, die vornehmlich
zur Ehre Gottes und zur Repräsentation errichtet wurden, waren die
Dorfkirchen, solange die sie nutzenden Gemeinden auch als Bauherr auftraten,
stets dem Leistungsvermögen und dem Bedarf der Bauherrn angepasst.
So erfuhr auch die St. Salvator - Kirche in Hermsdorf immer wieder Veränderungen
der Bausubstanz und der Ausstattung, die sie mit der Bevölkerungsentwicklung
und mit den ökonomischen Möglichkeiten in Einklang brachten.
Das jetzige Gotteshaus wurde im Jahre 1732 eingeweiht. Zuvor stand hier
ein kleines, uraltes Kirchlein. Nach Aufzeichnungen der ältesten
Kirchenbücher kann man sich deutlich vorstellen, wie das Bauwerk
beschaffen war und wie es ausgesehen hat; zudem zeigten die in der Zeit
der Besiedelung durch die Franken errichteten kleinen Dorfkirchen in unserer
Region fast alle eine einheitliche Bauweise: Mächtige Türme,
kleine Rundbogenfenster und umwehrte Friedhöfe. Neben der Funktion
als Gottesdienstraum dienten sie auch als kleine Fluchtburgen zum Schutz
vor Angriffen der in der Nachbarschaft lebenden Sorben und später
gegen Übergriffe unterschiedlichen Raubgesindels.
Wir können – auch ohne genaue Zeugnisse zu besitzen – davon ausgehen,
dass die fränkischen Neusiedler bei der Gründung Hermsdorfs
katholische Christen waren. Als sie um das Jahr 1150 ihre Blockhäuser
errichtet hatten, begannen sie mit dem Bau ihres kleinen Gotteshauses.
Die wetterfesten Steine wurden in der Umgebung gesammelt oder gebrochen
und herangekarrt. Als Bindemittel diente Kalk, der von weither angefahren
werden musste. Das Holz wuchs in den Wäldern des Holzlandes. Der
massive Turm war im oberen Bereich als Fachwerk ausgeführt. Nach
Ausweis des Kirchenrechnungsbuches vom Jahre 1588 waren die 4 Fachwerkseiten
des Turmes zum Schutz mit Schiefer beschlagen und das Dach war mit Ziegeln
eingedeckt. Damit konnte der Turm den Angriffen recht gut widerstehen.
Das Kirchenschiff hatte eine Schindeldeckung und kleine, hoch angesetzte
Rundbogenfenster, die wenig Licht herein ließen. Oben auf dem Turm
drehte sich die Wetterfahne.
Die Kirchgemeinde war relativ wohlhabend.
Im Turme hingen um diese Zeit schon drei Glocken, und 1589 leistete sich
die Gemeinde eine neue Kirchturmuhr. Die alte wurde im Folgejahr verkauft.
Der Gottesacker umgab die Kirche und war durch Palisaden eingefriedet.
Geistlich wurde die erste Hermsdorfer christliche Gemeinde vom Kloster
Lausnitz betreut. Es sind uns keine Namen von Pfarrern überliefert.
Spätestens im Jahre 1529 hielt die Reformation in Hermsdorf Einzug.
Erst seit dieser Zeit sind alle Pfarrstelleninhaber von Hermsdorf bekannt
(s. Zeitleiste). Es existiert ein Bericht von der Kirchenvisitation 1529,
dass der damalige Pfarrer Balthasar Poel (oder Buhel) von der oberen Kirchenbehörde
überprüft und beraten wurde. Er wurde als „gelehrt“ beurteilt. |
Ein Grundanliegen der Reformation war es, dass jeder Mensch die Bibel
lesen können soll. Daher war es nötig, Schulen zu bauen und
Lehrer auszubilden und in die Dörfer und Städte zu schicken.
Oft errichtete man die Schule in der Nähe der Kirche. Daraus resultierte
die enge Verbindung zwischen Kirche und Schule bis zur Übernahme
der Schulen durch den Staat im Jahre 1918. Eine wichtige Aufgabe für
die Pfarrer war es auch, die Eltern zu überzeugen, ihre Kinder auch
wirklich zur Schule zu schicken.
Die kleine Hermsdorfer Kirche genügte über Jahrhunderte dem
Bedarf der Gemeinde. Aus den Abgabenverzeichnissen kann man auf die Bevölkerungsentwicklung
schließen. Danach bestand Hermsdorf 1521 aus 18 Häusern mit
etwa 90 Einwohnern. Aber der Ort wuchs, und am Ende des 16. Jahrhunderts
lebten hier bereits knapp 200 Menschen. Um 1600 baute man deshalb die
Kirche um und schuf weiteren Platz durch den Einbau einer Empore. Sie
war möglicherweise durch eine Außentreppe zugänglich,
wie das heute noch bei der Bobecker Kirche zu sehen ist. Bereits nach
dem 30-jährigen Krieg reichte der Platz wiederum nicht aus, und der
Amtmann aus Eisenberg forderte die Gemeinde auf, eine 2. Empore einzubauen.
Zu Beginn des 18. Jahrhunderts war die kleine Kirche recht baufällig
geworden und reichte längst nicht mehr für alle Gläubigen
aus. Ab 1710 strebte man nachweislich die Erneuerung des Kirchenbaus an.
Aus finanziellen Gründen erwog man zunächst, die baufälligen
Teile zu erneuern. Mit dem Turm wollte man beginnen. Fachleute befürchteten
jedoch, dass beim Einreißen des Turmes der Dachstuhl des Kirchenschiffs
einstürzen würde. So war man gezwungen, doch den Neubau anzustreben.
1720 war die Bevölkerung auf 491 Seelen angewachsen. Dazu kam, dass
die Filialgemeinden Oberndorf und Reichenbach gehalten waren, jeden dritten
Sonntag und zu den großen Festen und Bußgottesdiensten in
die Hermsdorfer Kirche zu kommen. Die Filialgemeinden hatten zusammen
etwa eben so viele Einwohner wie Hermsdorf. Der Pfarrer und die Gemeinde
Hermsdorf stellten in verschiedenen Anläufen Anträge auf Genehmigung
eines Kirchenneubaus an den Landesherren. In der Begründung beklagten
sie sich, dass es bei Festgottesdiensten selbst nicht genug Stehplätze
in der Kirche und auf den Emporentreppen gebe und sie teils draußen
auf dem Kirchhof oder im „Leichenhäuslein“ bleiben müssten.
Auch sei es an trüben Tagen so dunkel in der Kirche, dass man auf
den Emporen und auf den „Weiberplätzen“ nicht lesen könne.
Die Finanzierung von beinahe 2.000 Gulden sollte etwa zur Hälfte
aus Rücklagen und zur anderen Hälfte durch die Nutzung des Abbruchmaterials
der alten Kirche, der Verwendung von Holz aus dem Kirchenwald und durch
Holzverkauf gesichert werden. Transportleistungen und Hilfsarbeiten schlagen
dabei nicht zu Buche. Sie waren weitgehend durch Fronleistungen der drei
Gemeinden zu erbringen. Die Filialgemeinden wehrten sich zwar gegen die
Fron, da sie ja jede ihr eigenes Kirchengebäude besaßen und
erhalten mussten, wurden aber schließlich durch Gerichtsbeschluss
zu den Leistungen gezwungen.
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Die letzte Entscheidung des Konsistoriums zur Finanzierung des Kirchenneubaus
war noch nicht gefallen, da hatten die Hermsdorfer am 21.04.1732 ihre
alte Kirche bereits eingerissen und den Bauplatz beräumt. Einmal
genehmigt und begonnen, ging alles dann sehr schnell. Am 06.05.1732 erfolgte
die Grundsteinlegung, am
25.08.1732 wurde mit dem Richten begonnen, und am 04.09.1732 war das Kirchgebäude
mit dem Turm so weit fertig gestellt, dass es nach dem unumgänglich
erforderlichen Innenausbau am 1. Advent 1732 durch den Superintendenten
Tömlich von Eisenberg als Gotteshaus geweiht werden konnte. Bauliche
Restarbeiten hoffte man 1733 zu erledigen. So wurde der Turm offensichtlich
erst im Frühjahr fertig gedeckt , denn der Knopf ist am 30.03.1733
aufgesetzt worden. Die einzelnen Gewerke führten aus: Maurermeister
Gottfried Brendel aus Rauda bei Eisenberg, Zimmermeister Andreas Schöppe
und sein Bruder Zimmermeister Hans Schöppe aus Klosterlausnitz, Tischlermeister
Georg Martin aus Hermsdorf, Schieferdecker Johann Daniel Bleyl aus Altenburg
und Dachdecker Christian Friedrich.
Die
Kirche wurde mit zwei Emporen ausgestattet. Der frei stehende steinerne
Altar befand sich im unteren Bereich des Turmes, also im Ostteil des Gebäudes.
Das große Kruzifix wurde aus der alten Kirche übernommen. Der
Turm erhielt die drei vorhandenen Glocken und wahrscheinlich auch die Turmuhr
von 1589.
Emporen und Decke des Schiffs wurden einige Jahre nach dem Neubau der Kirche
durch den Maler Schildbach aus Eisenberg mit Bildern und Sprüchen in
blau und zum Teil in braun bemalt. Vorzugsweise arbeitete er in Grisaille-Technik,
einer Ton-in-Ton-Malerei mit großer plastischer Wirkung. Als Vorlage
dienten überwiegend Motive aus der sogenannten Merian-Bilder-Bibel.
Die bewegte und lebendige Malweise entspricht dem Rokokostil. Das Mittelfeld
der Decke stellt Dr. Martin Luther dar, die aufgeschlagene Bibel in der
Hand.
An den vier Seiten der Tonnendecke sind in großen Medaillons
die Geburt Jesu, Auferstehung, Himmelfahrt und Ausgießung des Heiligen
Geistes in blauen Farbtönen verbildlicht. In den Ecken sind die vier
Evangelisten Lukas, Markus, Matthäus und Johannes mit ihren Symbolen
(Markus: Löwe, Johannes: Adler, Matthäus: Engel, Lukas: Stier)
in bräunlichen Farbtönen dargestellt. |
Die obere Empore enthält
sinnbildliche Darstellungen mit belehrenden Unterschriften, die untere Empore
an der Nordseite die Propheten und den St. Salvator (Christus im Garten
Gethsemane), an der Südseite die zwölf Apostel in bläulichen
Farbabstufungen. Darunter standen erklärende Bibelsprüche. Das
Kirchenvermögen hatte sich 20 Jahre nach dem Neubau wieder so weit
erholt, dass man sich um 1750 eine kleine Orgel leisten konnte.
Zur 100-Jahrfeier 1832 wurden Kanzel und Altar mit neuen Paramenten (textiler
Behang in unterschiedlicher Farbe, je nach der Zeit im Kirchenjahr) versehen.
Man ersetzte den steinernen Altar durch einen hölzernen, der an der
Rückwand eine Sonne und ein Kreuz trug und durch zwei hölzerne
Säulen geschmückt war. In einer dieser Säulen fand man interessanterweise
1936 nach ihrer Entfernung aus der Kirche und nachdem sie bereits eine Weile
in einem Garten aufgestellt waren eine Nachricht über diese Neugestaltung
des Altarraumes und der Kanzel sowie Berichte zur Zeitgeschichte. |
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Am 14.11.1932 wurde das Jubiläum der 200jährigen Kirchengeschichte gefeiert. Das Foto oben zeigt den damaligen Kirchenvorstand von Hermsdorf. Klick auf das Foto. |
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Eineinhalb Jahrhunderte hat unsere Kirche in dieser Form bestanden. Als
Ende des 19. Jahrhunderts Hermsdorf durch Eisenbahnanschluss und beginnende
Industrialisierung einen bedeutenden Aufschwung erfuhr, genügte das
Kirchengebäude wiederum nicht mehr den Anforderungen. Es wuchs mit.
An der Westseite, in der sich auch das Portal befand, wurde ein Vorbau geschaffen,
der Platz für eine größere Orgel und zwei geräumige
Treppenhäuser als Aufgänge zu den Emporen bot. Dem Zeitgeschmack
entsprechend gestaltete man diesen Bau in gotischen Formen. Gleichzeitig
passte man den Chorraum durch ein Spitzbogenfenster mit farbiger Bleiverglasung
in der Ostwand sowie Altar, Kanzel und Orgelprospekt durch entsprechende
Schnitzarbeiten diesem Stil an. Später wurde auch die Dachneigung des
Kirchenschiffes dazu passend steiler ausgeführt. Ursache für die
Umgestaltung des Daches waren aber auch Stabilitätsprobleme. Das Fenster
hinter dem Altar bewirkte, dass der Altar selbst im Schatten lag. Es ergab
sich ein düsteres Bild. Am 21.01.1885 nahmen Kapellmeister Stade aus
Altenburg und Professor Ehrhard aus Eisenberg die neue Orgel der Kirche
ab, die von den Gebrüdern Poppe in Roda gebaut wurde.
Im Jahre 1896, am 1. November, wurde die Kirche das erste Mal beheizt. Dazu
war der Einbau von zwei großen eisernen Öfen und die Errichtung
von 2 Schornsteinen jeweils außen an der Nord- und an der Südseite
erforderlich. Wenn die Schornsteine noch kalt waren gab es Schwierigkeiten
beim Anheizen. Jahrelang wurde die Kirche durch austretende Rauchgase belastet,
die vor allem der Ausmalung schadeten. Die Bilder an der Decke und an den
Emporen verrußten und die Farbe blätterte z.T. ab. Die Wände
waren an vielen Stellen durch Salpeterausblühungen verunziert. Deshalb
beschloss man im Jahre 1922 zunächst, den Altarraum zu renovieren.
Im Verlauf der Arbeiten überzeugte der leitende Kunstwart der Thüringer
Evangelischen Kirche, Wanckel, aus Altenburg, den Kirchenvorstand Schritt
für Schritt, die wertvolle Ausmalung der gesamten Kirche restaurieren
zu lassen. Die Restaurierungsarbeiten übertrug man dem Schloss- und
Dekorationsmaler Lößnitz aus Zeitz, aber auch einheimische Handwerker
erhielten Teilaufgaben der Restaurierung. Zu Beginn verdunkelte man das
Fenster in der Ostwand durch Betupfen mit schwarzer Farbe. Bild für
Bild der Ausmalung wurde dann vorsichtig gereinigt und restauriert. Altar,
Kanzel und Orgelprospekt wurden eingestimmt, und die Wände von Altarraum
und Schiff erhielten im unteren Bereich eine Holztäfelung. Schließlich
brachte man im Altarraum Gedächtnis- und Votivtafeln an. Der Chorbogen
erhielt mit der Darstellung des Kreuzweges eine theologisch sinnvolle Ausmalung.
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts war zwar der Gottesdienstbesuch
stark zurückgegangen, aber mit der Unterweisung der Kinder in der Christenlehre
und der Arbeit mit verschiedenen Gemeindegruppen entstand ein dringender
Bedarf an Nebenräumen Da für Baumaßnahmen außerhalb
des Kirchengebäudes keine Genehmigung erteilt wurde, entschloss man
sich 1972 mit Zustimmung des Instituts für Denkmalspflege und unter
Leitung des Architekten Kaufmann vom Kreiskirchenamt Weimar, den Fußboden
des Gottesdienstraumes in die Höhe des Fußbodens der ersten Empore
zu verlegen. Im Erdgeschoss konnten so Räume für den Gemeindedienst
(Christenlehre, Sitzungen, Chorarbeit, Bibelarbeit, Winterkirche, Kirchbüro
mit Friedhofsverwaltung) entstehen. Die wertvollen Teile der alten Kirche
wurden weitgehend erhalten. Sie waren wiederum stark verschmutzt und mussten
restauriert werden. Die Restaurierung erfolgte unter der Leitung des Restaurators
Thümmler aus Gera. Die Bildunterschriften der unteren Empore und die
Bilder der Orgelemporenbrüstung konnten nicht mehr untergebracht werden.
Die Kanzel, die vormals in Höhe der ersten Empore stand, wurde durch
ein Lesepult ersetzt. Der Altar ist auf eine Mensa (Altarplatte) reduziert,
die im Turmraum steht. Das aus der ersten Salvator – Kirche von Hermsdorf
stammende große Kruzifix erhielt seinen Platz zentral im Altarraum.
Auch auf die Fassade wirkte sich dieser Umbau aus. Zunächst wurden
die beiden außen angesetzten Schornsteine entfernt und durch eine
Esse innerhalb des linken Treppenhauses ersetzt, das deshalb umgebaut werden
musste. Unter der Treppe konnte eine Toilette untergebracht werden, die
erst in den 90er Jahren behindertengerecht umgebaut wurde. Von einem neu
eingebauten Heizungskeller aus erfolgte die Beheizung des Kirchsaales zeitweise
mit Warmluft. Heute wird allerdings der Kirchsaal nur noch elektrisch über
die ebenfalls installierte Fußbodenheizung beheizt. Auch in den unteren
Räumen sorgt eine Nachtspeicherheizung für die erforderliche Wärme.
Für den Kirchsaal im Obergeschoss musste ein zweiter Fluchtweg durch
eine Außentreppe auf der Nordseite geschaffen werden, und der Haupteingang
erhielt eine schützende Überdachung. Außerdem wurden die
Fenster nach unten erweitert, um für die Räume im Untergeschoss
ausreichend Tageslicht herein zu lassen.
Die Glocken auf einem Kirchturm, die zur Andacht und zum Gottesdienst rufen,
haben eine schwere Aufgabe. Die Anregung des harmonischen Klangs ist alles
andere als harmonisch. Das gesamte Gebäude wird dabei erschüttert.
Im Jahre 1888 wurde in den Turm ein stählerner Glockenstuhl eingebaut,
der 1903 nochmals verbessert werden musste, um die Belastungen möglichst
weit nach unten abzuleiten. Der harte Anschlag des Klöppels verursacht
manchmal auch, dass eine Glocke einen Riss bekommt und dann umgegossen werden
muss. Das erlitten in den 90er Jahren des 19. Jahrhunderts gleich zwei der
alten Glocken. Schließlich mussten 1917 alle 3 Bronzeglocken als kriegswichtiges
Material abgeliefert werden. Sie wurden 1920 durch 3 Glocken aus Eisenhartguss
von der Firma Schilling & Lattermann aus Apolda in der Stimmung f1,
a1 und c² ersetzt. Es sind also relativ junge Glocken, die vom Kirchturm
der Salvator - Kirche täglich zur Andacht rufen. In den alten Kirchenrechnungen
erscheinen regelmäßig Ausgaben für Seile oder Riemen für
die Glocken. Das tägliche Läuten beanspruchte die Glockenstränge
sehr stark, so dass sie häufig ersetzt werden mussten. Das Läuten
war aber auch eine Aufgabe, die einen verantwortungsvollen Küster und,
wenn alle 3 Glocken zu läuten waren, auch noch Helfer erforderte. Deshalb
wurden 1967 drei Läutemaschinen installiert, so dass nun die Glocken
auf Knopfdruck bzw. pünktlich durch die Uhr gesteuert geläutet
werden können. Auch das Aufziehen der Kirchturmuhr - 2 Gewichte für
Uhrwerk und Schlagwerk – erforderte früher täglich den Einsatz
kräftiger Arme. Seit 1993 steuert eine Funkuhr die alten Zeigerwerke
und das Schlagwerk. |
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Nach dem 1. Weltkrieg wurde ein Kriegerdenkmal für die gefallenen Hermsdorfer
Bürger zwischen der Kirche und der um die Jahrhundertwende erbauten Schule
errichtet. Dieses wurde - durch die damalige Gemeindeverwaltung
veranlasst - 1955 abgerissen.
Waren
die Einwohner Hermsdorfs seit der Gründung bis zur Reformation katholisch,
von der Zeit um 1530 bis etwa 1900 evangelisch-lutherisch, so änderte
sich mit der Entwicklung der Industrie und dem Zuzug von Arbeitern und Angestellten
aus anderen Teilen Deutschlands das Bild. In den späten 20er Jahren
des 20. Jahrhunderts waren von etwa 3500 Einwohnern nur noch rund 3000 evangelisch-lutherisch,
etwa 40 katholisch, 10 neuapostolisch, etwa 40 gehörten zur Freien
evangelischen Gemeinde und ungefähr 400 zählten zu den „Freidenkern“.
Die Flüchtlingsströme des 2. Weltkrieges, wiederum Zuzüge
infolge der rasanten industriellen Entwicklung und zahlreiche Kirchenaustritte
bewirkten eine weitere Verschiebung der Verhältnisse. Auch die dunklen
Kapitel der Geschichte des 20. Jahrhunderts, die „Deutschen Christen“ im
Dritten Reich, die Aktivitäten von kirchlichen Mitarbeitern in nationalsozialistischen
Organisationen und die Verstrickung mit dem System der Staatsicherheit der
Deutschen Demokratischen Republik haben vielen Menschen das Vertrauen in
die Institution Kirche genommen.
Die Vielfalt in der kirchlichen Landschaft
hat bis heute noch weiter zugenommen. Allerdings ist das früher spürbare
gegenseitige Misstrauen einem akzeptierenden Neben- und Miteinander gewichen.
Mit mehr oder weniger Beteiligung werden die verschiedenen gemeinsamen Veranstaltungen
wie Sternsingeraktion, Allianzgebetswoche, Weltgebetstag der Frauen, Jugendkreuzweg,
ökumenische Gottesdienste, Choralblasen zum Ewigkeitssonntag usw. von
den Gemeinden getragen. |