Erinnerungen zu den Erlebnissen in Hermsdorf am Ende des 2. Weltkrieges

Von Gerhard Heuschkel, Sohn des Bauunternehmers Erich Heuschkel

Muna

Wie in der Festschrift zur 750-Jahr-Feier berichtet, wurde von der sowjetischen Kommandantur die Sprengung der Munitions- und Bombenvorräte verfügt. Zu diesem Zweck wurden einige Leute aus Hermsdorf mit Schreiben vom Bürgermeister vom 22. 07.45 aufgefordert, sich am 23. und 24. des Monats am Eingang zur Muna zu melden, um Vorbereitungsarbeiten zu verrichten.

Schreiben

Die aufgestapelten Bombenstapel wurden dann zur Sprengung vorbereitet. Während dieser Zeit vor und auch während der Sprengung war für uns die Muna
natürlich auch ein Abenteuerspielplatz. So sind wir von Langbeins aus (mit meinem Schulfreund Günther Langbein) durch den Wald zur Muna und haben dort geholt, was brauchbar war. So waren Bomben mit Fallschirmen in Kisten verpackt, wovon die Fallschirme zu dieser Zeit wertvolles Material für alle möglichen Kleidungsstücke waren. Wir sind auf den Bombenstapeln herumgeklettert, haben die Kisten aufgebrochen und die Fallschirme abgeschnitten.
Weiterhin standen Reihen von Flugzeugmotoren in Kisten, wovon uns die Gummiringe an den Naben interessierten. Nachdem wir einmal beinahe in eine beginnende Sprengserie hineingeraten waren, haben wir diese Abenteuer dann doch gelassen. Die Sprengungen müssen bis in den Winter hinein gedauert haben, denn wir mussten wegen der Gefahr der Druckwellen die Fenster immer offen lassen, sodass uns die Heizung einfror und platzte. Man konnte vom Dachfenster aus die Druckwellen an den Wolken entlanglaufend sehen und warnen, bevor sie ankamen.

Zu der Bombardierung am 09. 04. 1945.

Wir standen im Hof und beobachteten die plötzlich einschwenkenden Flugzeuge mit dem Fernglas und konnten die ausgeklinkten Bomben noch fallen sehen, ehe wir Hals über Kopf in den Keller flüchteten. Die Schäden wurden ja bereits geschildert, unser Haus, Schulstrasse 27 blieb unbeschädigt. Wir halfen dann den Betroffenen auf der anderen Straßenseite beim ausräumen. Die Mittelschule war von einem Bündel Brandbomben getroffen worden, der erst im Keller auseinander fiel und zu brennen anfing. Der Einschlag war meiner Erinnerung nach oben an der Giebelseite und ging durch sämtliche Stockwerke.
Die zu jeweils 144 Stück gebündelten Brandbomben sollten ja nach dem Ausklinken auseinanderfallen und streuen, jedoch fielen viele als Bündel zu Boden, ohne Brandschaden anzurichten, da die Sicherungsstifte erst bei der Trennung den Schlagbolzen freigeben konnten. Ein willkommenes Forschungsobjekt für uns, wir haben unzählige zerlegt, untersucht und die Thermittabletten abgefackelt. Ich konnte auch beobachten, wie die Volksschule durch die lodernden Bretterstapel anfing zu brennen, ohne dass man helfen konnte.

Zum Einmarsch der Amerikaner.

Bei dem Rückzug der deutschen Truppen waren auch bei uns einige Soldaten untergekommen. Unter anderem wurde ein Panzer als Schutz vor den Tieffliegern im Hof unter die Überdachung der Durchfahrt zur Ernststrasse abgestellt und mein Vater hatte alle Mühe, die Panzerbesatzung davon zu überzeugen, ihr Fahrzeug auch wieder mitzunehmen. Amerikaner und Panzer im Hof wäre wohl kaum gutgegangen. Da unser Haus etwas erhöht liegt, konnten wir vom Dachfenster aus den Kolonnenverkehr der Amerikaner auf beiden Autobahnen beobachten, bevor sie in Hdf auftauchten.
Auch ich war einkaufen am Tag des Panzerbeschusses, es gab Wachskerzen zu kaufen. Als ich an der Ecke Kirchgasse – Schulstrasse auf dem Heimweg  war, schlug eine Panzergranate in unseren Hof ein, zerlegte einen Holunderbaum, zerriss eine Stromzuleitung, zersplitterte das Küchenfenster und eine Kellertür. Der Schaden blieb aber in Grenzen. Mein Schreck weniger.