Muna
Wie in der Festschrift zur 750-Jahr-Feier berichtet, wurde von der sowjetischen
Kommandantur die Sprengung der Munitions- und Bombenvorräte verfügt.
Zu diesem Zweck wurden einige Leute aus Hermsdorf mit Schreiben vom Bürgermeister
vom 22. 07.45 aufgefordert, sich am 23. und 24. des Monats am Eingang zur
Muna zu melden, um Vorbereitungsarbeiten zu verrichten.
Die aufgestapelten
Bombenstapel wurden dann zur Sprengung vorbereitet. Während dieser
Zeit vor und auch während der Sprengung war für uns die Muna
natürlich auch ein Abenteuerspielplatz. So sind wir von Langbeins
aus (mit meinem Schulfreund Günther Langbein) durch den Wald zur
Muna und haben dort geholt, was brauchbar war. So waren Bomben mit Fallschirmen
in Kisten verpackt, wovon die Fallschirme zu dieser Zeit wertvolles Material
für alle möglichen Kleidungsstücke waren. Wir sind auf
den Bombenstapeln herumgeklettert, haben die Kisten aufgebrochen und
die Fallschirme abgeschnitten.
Weiterhin standen Reihen von Flugzeugmotoren in Kisten, wovon uns die
Gummiringe an den Naben interessierten. Nachdem wir einmal beinahe in
eine beginnende Sprengserie hineingeraten waren, haben wir diese Abenteuer
dann doch gelassen. Die Sprengungen müssen bis in den Winter hinein
gedauert haben, denn wir mussten wegen der Gefahr der Druckwellen die
Fenster immer offen lassen, sodass uns die Heizung einfror und platzte.
Man konnte vom Dachfenster aus die Druckwellen an den Wolken entlanglaufend
sehen und warnen, bevor sie ankamen.
Zu der Bombardierung
am 09. 04. 1945.
Wir standen im Hof und beobachteten die plötzlich einschwenkenden
Flugzeuge mit dem Fernglas und konnten die ausgeklinkten Bomben noch
fallen sehen, ehe wir Hals über Kopf in den Keller flüchteten.
Die Schäden wurden ja bereits geschildert, unser Haus, Schulstrasse
27 blieb unbeschädigt. Wir halfen dann den Betroffenen auf der anderen
Straßenseite beim ausräumen. Die Mittelschule war von einem
Bündel Brandbomben getroffen worden, der erst im Keller auseinander
fiel und zu brennen anfing. Der Einschlag war meiner Erinnerung nach
oben an der Giebelseite und ging durch sämtliche Stockwerke.
Die zu jeweils 144 Stück gebündelten Brandbomben sollten ja
nach dem Ausklinken auseinanderfallen und streuen, jedoch fielen viele
als Bündel zu Boden, ohne Brandschaden anzurichten, da die Sicherungsstifte
erst bei der Trennung den Schlagbolzen freigeben konnten. Ein willkommenes
Forschungsobjekt für uns, wir haben unzählige zerlegt, untersucht
und die Thermittabletten abgefackelt. Ich konnte auch beobachten, wie
die Volksschule durch die lodernden Bretterstapel anfing zu brennen,
ohne dass man helfen konnte.
Zum Einmarsch
der Amerikaner.
Bei dem Rückzug der deutschen Truppen waren auch bei uns einige
Soldaten untergekommen. Unter anderem wurde ein Panzer als Schutz vor
den Tieffliegern im Hof unter die Überdachung der Durchfahrt zur
Ernststrasse abgestellt und mein Vater hatte alle Mühe, die Panzerbesatzung
davon zu überzeugen, ihr Fahrzeug auch wieder mitzunehmen. Amerikaner
und Panzer im Hof wäre wohl kaum gutgegangen. Da unser Haus etwas
erhöht liegt, konnten wir vom Dachfenster aus den Kolonnenverkehr
der Amerikaner auf beiden Autobahnen beobachten, bevor sie in Hdf auftauchten.
Auch ich war einkaufen am Tag des Panzerbeschusses, es gab Wachskerzen
zu kaufen. Als ich an der Ecke Kirchgasse – Schulstrasse auf dem
Heimweg war, schlug eine Panzergranate in unseren Hof ein, zerlegte
einen Holunderbaum, zerriss eine Stromzuleitung, zersplitterte das Küchenfenster
und eine Kellertür. Der Schaden blieb aber in Grenzen. Mein Schreck
weniger. |